Das ist Schule? Ich lief durch einen Urwald. Dichte Büsche, alte Bäume, ein verwilderter Teich. Ein Dickicht, dunkel und geheimnisvoll; zwischendurch schlichen, huschten und rannten kleine und große Gestalten hinter den Büschen umher. Ein helles Lachen ertönte auf ein tiefes Brüllen und aus dem Gebüsch preschte ein Kind mit Holzschwert hervor und hüpfte im Galopp vor einem anderen davon, der mit ausgestreckten Armen einen Zombie spielte. Ich schaffte es nicht, meinen spontanen Spieltrieb zu unterdrücken und spurtete hinterher. Außer Atem und erschöpft vom Lachen ließ ich mich ins Unkraut fallen. Ein dumpfes Dröhnen unterbrach meine konfusen Gedankengänge. Als ich meinen Körper hochwuchtete und dem Geräusch folgte, kam ich zu dem Hof, der zu der großen Villa gehört, die auch von diesem Garten umgeben ist. Neben der Villa stand ein umgebauter Schuppen aus dem dieser absonderliche Geräuschmix tönte. Nachdem ich den Minizoo an der Außenseite des Gebäudes bewundert hatte, folgte ich zielgerichtet der schmalen Treppe hinauf ins Dachgeschoss. Ich riss eine Tür auf und wurde von einem Schwall schiefer Töne empfangen. Hier probten gerade zwei Bands für ein Konzert, erfuhr ich von einem zerzausten Zwölfjährigen, der mich nervös hinauswinkte. Ich flüchtete hinunter und wandte mich durch eine Tür. Ich stand in einem großen Raum und auch hier war der Geräuschpegel nicht gerade niedrig. Zwischen Holzspänen, Metall- und Pappresten standen Jugendliche und arbeiteten mit Maschinen an ihren Werken. Einer schweißte gerade ein kleines Metalldorf zusammen, zwei andere bastelten mit Pappe und Leim eine Landschaft zusammen. Fassungslos überblickte ich diese scheinbar grenzenlosen Möglichkeiten, aktiv kreativ zu werden. Ein Tonklumpen opferte sein feuchtes Dasein meinem kreativen Anfall und wurde zur Teetasse. Neugierig ging ich zum nächsten Raum in welchem sich ein Chemie/Physiklabor mit Fotokammer befand. Hier reagierten Kinder mit Hilfe eines Mitarbeiters ihren Forschungsdrang ab. Leicht befremdet über den 10jährigen im Kittel verlies ich die Stätte der Wissenschaft und fand mich an der frischen Luft wieder. Ich musterte die efeubewachsene Villa und beschloss, ihr geheimnisvolles Inneres zu erkunden. Der Vorraum war übersät von Schuhen und Mänteln. Ich stolperte weiter und verbrachte die nächsten Stunden damit, durch die gemütlichen Zimmer zu wandern. Im Erdgeschoss waren alle Zimmer blau und Computer standen genauso wie vollgepackte Bücherregale überall herum. Im hinteren Teil befand sich auch eine kleine Sporthalle. Im vorderen Erdgeschoss war ein leerer großer Raum mit massig alten Matratzen auf dem Boden, wo das wöchentliche School-meeting stattfand. Ansonsten wurde der Raum für Meditation und zum Spielen genutzt. Im Dachgeschoss war ein großes Kunstatelier, das durch riesige Fenster beleuchtet wurde. Hier tagte gerade das "Justizkomitee" und es ging um einen etwa 13Jährigen, der Erdnüsse durch die Gegend geschmissen hat. Ein kleines blondes etwa 10jähriges Mädchen leite ganz souverän die Diskussion und die Abstimmung, während sie mit einem langen Gummiband spielte. Um diese Verhandlung nicht weiter zu stören, schlich ich mich wieder raus. In jedem Stock hatten die Zimmer eine andere Farbe, entdeckte ich auf meinem Rundgang durch die vier Geschosse. Im ganzen Haus gab es bequeme Sessel und Couchecken, auf denen sich junge Menschen aller Couleur rumdrückten. Ich wunderte mich über die Einfachheit und Entspanntheit der Kinder. Einer lag auf dem Boden und las vertieft in einem Buch, alle mussten um ihn herum laufen. Andere Kinder diskutierten, spielten oder sprachen mit den bezahlten und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Ich wanderte durch dieses verwinkelte Labyrinth von Räumen und kam mir vor mich wie in einem Privatwohnhaus oder wie in einem Jugendclub. Nirgendwo gab es herumbrüllende Autoritäten oder das ohrenzerfetzende Rattern einer Pausenklingel. Hier konnte man wirklich entspannt arbeiten und leben. Sogar zwei Küchen gab es: eine Große im Erdgeschoss und eine Kleine weiter oben, die jedem zugänglich waren und aus der ein verführerischer Backduft entwich. Auf dem Weg nach draußen stieß ich im Vorzimmer auf viele bunte selbstbemalte Plakate, die ich zuvor übersehen hatte. Wie ich nach kurzer Inspektion herausfand, wurden hier viele verschiedene Kurse und AG`s angeboten. Außerdem gab es noch eine Tausch- und Verkaufsbörse. Als ich kurz darauf vor der Eingangstür stand und tief die frische Luft einsog, dachte ich : Tu was du willst! Wirst es nicht bereuen... TRAUM? NÖ, WIRKLICHKEIT!!!