Was sind Bildungsnetzwerke? Bildungsnetzwerke für selbstbestimmtes Lernen und erweiterte Horizonte am Beispiel von "The Travelling School of Life" Text von Sabine Steldinger Die Travelling School of Life ist ein weltweites Bildungsnetzwerk von Leuten, die ihr Wissen und ihre Ressourcen teilen möchten. Es soll Brücken schlagen für eine alternative Bildung außerhalb gewöhnlicher Wege wie Ausbildung, Schule und Uni. Hin und wieder tun sich wissbegierige Leute zusammen, denen die Bildung in den üblichen Institutionen nicht zusagt, um ein "Bildungsnetzwerk" auf die Beine zu stellen. Im Rahmen von Bildungsprotesten nennen sie das dann "Alternativuni", "Gegenuni", "Multiversität", "Keine Uni", "Solidarisches Netzwerk Offene Bildung!, "Offene Uni", oder einfach "autonome" oder Selbstorganisierte Seminare. Bildungsnetzwerke sind Zusammenschlüsse von Einzelpersonen, Gruppen und Wohnprojekten/Gemeinschaften/Kommunen, die ihre Fähigkeiten und ihr Wissen an andere weitergeben wollen und ihrerseits neues Wissen und Fähigkeiten erforschen und erlernen möchten. Die Bedingungen werden immer wieder möglichst individuell und unbürokratisch vereinbart. Die Leute stellen sich ihren Lernplan selbst zusammen, nehmen Kontakt zu anderen auf, vereinbaren sich über das Lernen und Zusammenleben und reisen dann von Ort zu Ort, wo sie Kost und Logis bekommen. Es ist weder Tausch, Kaufen noch Schenken vorgeschrieben, aber es wird Hilfe dazu angeboten, Dinge günstig bis kostenfrei zu bekommen, die benötigt werden. Alle Angebote sollen zumindest auf einem "Low Budget"-Niveau (= geringe finanzielle Mittel) und nicht finanziell gewinnbringend laufen. Was Lernen? Die erste Frage, die sich uns stellt, wenn wir über Bildung sprechen ist: Was ist das Ziel von "Bildung"? Denn das macht es aus, was überhaupt als Bildung verstanden wird. Die meisten Menschen verstehen unter "Bildung" vorallem "Ausbildung" zum Zwecke der besseren Verwertbarkeit in der Arbeitswelt. Es gibt Wissensgebiete, die "auf dem Markt" garnicht oder wenig gefragt sind. Viele Wissensgebiete werden dadurch unzugänglich, werden verkürzt und findet unter einem kontraproduktiven Leistungsdruck statt oder das Wissen geht ganz verloren. Entscheiden, in welche Tätigkeiten du deine Kraft stecken willst, kannst du nur selbst! Dabei kann dein persönlicher Lehrplan ganz gewöhnliche und aber auch sehr extravagante Teile beinhalten, wenn du das für sinnvoll hälst; dein Lernweg ist selbstorganisiert und selbstverantwortlich. Rat und Unterstützung können dir andere Menschen im Netzwerk bieten. Lernende und Lehrende sind flexible Rollen. Alle können einmal Lehrende und ein anderes Mal Lernende sein. Wo Lernen? Die Lernorte der Travelling School of Life sind Leute und Orte, die Raum und Bedingungen zum Lernen für die Beteiligten bereitstellen. Dazu gehört Unterkunft und Verpflegung genauso wie Wissensquellen in Form von Büchern und Internet, Leuten mit speziellen Fähigkeiten und Wissen, Workshops oder Projekten, bei denen "Learning by doing" möglich ist. Diese Ressourcen können von den Beteiligten nach individueller Vereinbarung genutzt werden, wobei die Kosten so gering wie möglich bleiben. Das ist wichtig, damit möglichst wenig Leute ausgeschlossen werden und auch finanziell schwächere Menschen mitwirken können. Kapitalismus verursacht Monopolisierung und eine künstliche Verknappung von Ressourcen (Dinge & Fähigkeiten/Wissen) um an deren Zugänglichmachung Geld zu verdienen. Bildungs- oder Lernnetzwerke in Form von "Ressourcenpools" oder "Solidargemeinschaften" wirken dem entgegen, indem sie bereits vorhandene Ressourcen kostenfrei zugänglich machen. Egal wie arm die Leute sind, dadurch "haben" sie mehr zur Verfügung als vorher. Reisend lernen? Ein altes Sprichwort sagt: "Reisen bildet". Denn beim Reisen begibst du dich in unbekannte Situationen, lernst viele Menschen kennen, entdeckst andere Lebenstile und neue Sichtweisen auf die Dinge. Wobei klar ist, dass mit "Reisen" nicht "Tourismus" sondern das langsame respektvolle Einlassen auf die Umgebung gemeint ist. Um den Einstieg in diese Art des Lernens - durch direkten Kontakt in einem ungewohnten Umfeld - zu erleichtern, macht es Sinn, der gegenseitigen Beratung viel Raum durch Internetkommunikation oder in lokalen Lernvernetzungstreffen zu geben. Menschen, denen kein Internet zur Verfügung steht, können einbezogen werden, indem Infrastruktur unter den Nutzenden geteilt wird. Im Idealfall gibt es regionale Gruppen, wo es möglich ist, Unterstützung zu finden. Zudem würden kleinere regionale Netzwerke auch ohne Internet auskommen, Listen auf Papier würden ausreichen. Wenn sich Menschen die Mühe machen würden, könnte es auch regelmäßig aktualisierte, überregionale Listen geben, die per Post verschickt werden. Eine besondere Unterstützung sollten Kinder und andere besonders pflege- und unterstützungbedürftige Menschen genießen können. Eine wichtige Basis dafür sind größere Menschenzusammenhänge, die im Alltag füreinander da sind und denen klar ist, dass sie Menschen helfen, die zur Wahrnehmung ihrer Möglichkeiten besondere Unterstützung benötigen. Und los geht die Reise...