10 Jahre nach Seattle – Wie weiter mit Gipfelprotesten?

Strategien und Perspektiven linksradikaler Politik in der globalisierungskritischen Bewegung

Viel ist passiert, seit im Herbst 1999 tausende AktivistInnen in Seattle / USA ihren Widerstand gegen den WTO Gipfel auf die Straße trugen und das Treffen massiv behinderten. Weltweit hat seither die sog. “Anti/Alter-Globalisierungsbewegung” ihre Spuren durch die Zeitgeschichte des vergangenen Jahrzehnts gezogen. Die Schüsse in Goeteborg, der Mord an Carlo Giuliani, und die vielen Verletzten und Gefangenen dieser Bewegung sind uns dabei genauso präsent, wie die vielen Momente der Solidarität, gemeinsamer politischer Prozesse und des kollektiven Widerstands, die sie hervorbrachte. Die Geschichte der “Anti-Globalisierungsbewegung” ist von Anfang an auch jene der linksradikalen, autonomen und anarchistischen Gruppen die sich in ihr wieder verstärkt international organisierten. Obwohl es im Rahmen von Gipfelmobilisierungen immer wieder gelang, Kristallisationspunkte zu schaffen und verschiedene politische Strömungen und Teilbereiche zusammenzubringen, verschwanden die Bündnisse und Netzwerke oft ebenso schnell wieder von der Bühne, wie sie entstanden waren. Über das „Event“ hinaus gelang es dabei kaum, die Gipfelproteste in soziale Bewegungen und Alltagskämpfe einzubetten. Gerade im Umgang mit der Weltwirtschaftskrise und den viel gefürchteten bzw. ersehnten “sozialen Unruhen” zeigt sich die undogmatische, radikale Linke schlecht vorbereitet, um in dieser Situation einer emanzipatorischen Gesellschaftsperspektive neuen Raum zu verschaffen.

Stattdessen betreibt sie weitestgehend business as usual und steckt in alten Gewohnheiten und Abwehrkämpfen fest. Die Gipfelproteste werden immer mehr zu einem berechenbaren Ritual und zum willkommenen demokratischen Beiprogramm der Veranstaltungen selbst.
Wir denken, es ist an der Zeit, sich die Entwicklungen, Aktionsformen und Erfahrungen der letzten Jahre in Ruhe anzuschauen und auch Kritik daran zu zuzulassen, um daraus gemeinsam neue Strategien und Perspektiven zu entwickeln. Wir hoffen dabei auf einen offenen und hierarchiefreien Diskussionsprozess, der möglichst viele Aktivist_innen miteinbezieht.

militant reflection…

…ist der Versuch eine Art “linksradikale Consulta” entstehen zu lassen. In verschiedenen Städten und Ländern werden dezentral Veranstaltungen organisiert, auf denen nach einer kurzen Einführung mit Vorstellung der bisherigen Diskussionsergebnisse und anschließender Themensammlung diskutiert werden kann; etwa über die Punkte:

Diese Aufzählung ist nicht als Vorgabe gedacht, sondern als Beispiel und Anregung. Wir wollen die Punkte im Rahmen von zwei Veranstaltungen in Berlin vertiefen und versuchen, neue Perspektiven zu entwickeln.

31. März, 19.00 Uhr
Projektraum, Hermannstraße 48

17. April, 15.00 Uhr
Schererstraße 8

Mehr Info, darunter ein kleiner Vorbereitungsreader, gibt es unter we.riseup.net/militant_reflection.

Out of control Berlin