Think pink …

Mobil zu sein, kostet viel Geld. Wer keines hat, kommt nicht weit. Dabei ist Mobilität die Voraussetzung dafür, um zu Behörden, zur ÄrztIn, zur Arbeit, zur Schule oder auch zur Uni zu kommen. Natürlich auch dafür, die schönen Seiten des Lebens genießen zu können, wie FreundInnen zu besuchen, rauszugehen oder einfach den Ort zu wechseln. Leider führt die zunehmende Kommerzialisierung zentraler Lebensbereiche, wie Mobilität, kulturelle Angebote, Gesundheitsversorgung und Bildung, zur Exklusion von Menschen. Der Öffentliche Verkehr ist beim genaueren Hinschauen damit also gar nicht so öffentlich, wie es auf den ersten Moment scheint.

Besonders krass zeigt sich dies am Beispiel von Menschen ohne festen Wohnsitz und/oder geregeltes Einkommen in Wien, die – obwohl sie kaum Geld haben –dieselben Tarife zahlen müssen, wie alle anderen. Dadurch kommen einige Menschen, die keinen festen Wohnsitz haben, zusätzlich in eine Verschuldungsspirale durch die Wiener Linien, aus der es kaum Auswege gibt. Auf diesen Zustand macht die Strassenzeitung Augustin zwar seit Jahren an jedem F13 (Freitag, den 13.) durch Aktionen aufmerksam, indem demonstrativ und kollektiv ohne Ticket mit der Linie D zum Rathaus gefahren wird, Reaktionen seitens der Stadtverwaltung gab es aber noch kaum.

Aber nicht nur fehlendes Geld kann eineN an der Nutzung des Öffentlichen Verkehrs hindern. Es gibt Menschen, deren Mobilität fast gänzlich eingeschränkt werden soll – MigrantInnen mit prekären Aufenthaltsstatus zum Beispiel. Von der „Unterstützung“, welche nur Menschen mit „legalem“ Aufenthaltsstatus – und selbst diese nicht immer – bekommen, ist es praktisch nicht möglich, die Tarife für öffentlichen Verkehrsmittel zu bezahlen. In Bahnhöfen und regionalen wie überregionalen Zügen sind nicht „heimisch“ aussehende Menschen darüber hinaus besonders häufig Opfer willkürlicher Passkontrollen. Deutlich wird hier, dass die Grenzen die um Österreich durch Schengen weggefallen sind, sich damit lediglich ins Innere verschoben haben – Mobilität im Sinne von Grenzüberschreitung wird so zu einer alltäglichen Situation.

Durch die zunehmende Prekarisierung können sich auch immer weniger Studierende, Familien, PensionistInnen, Illegalisierte und andere BewohnerInnen Wiens die Tickets für den „öffentlichen“ Verkehr leisten und werden so in dem Recht auf Mobilität eingeschränkt. Schön zu sehen ist dies auch bei Studierenden. So wurde etwa die Freifahrt für Studierende schon 1996 von der SPÖ abgeschafft. Heute stellen Tickets für den öffentlichen Verkehr sogar mit Ermäßigung eine nicht unwesentliche finanzielle Belastung für Studierende dar. So muss für ein sogenanntes „Semester“ticket (das in den Ferien gar nicht gültig ist!) zwischen 50,50€ und 128,50€ bezahlt werden (dies ist abhängig von der Herkunft des/der StudentIn und gilt nur bis zum vollendeten 26. Lebensjahr!) – für viele Studierende im Jahr also eine erhebliche finanzielle Belastung.

Obwohl die Wiener Linien erkennen, dass ihre Preise für viele BewohnerInnen Wiens unerschwinglich sind, sind ihre Maßnahmen (wie zum Beispiel der nun angekündigte „Sozialpass“, der an die rigiden Bedingungen der Sozialhilfe gebunden ist) leider nur ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein Dies ist deswegen um so unverständlicher, als den Wiener Linien durch die Beförderung von Menschen ohne das nötige Geld auch kein Mehraufwand entsteht, da die meisten ja schon jetzt als „SchwarzfahrerInnen“ unentgeltlich mitgenommen werden bzw. die (von allen aus Steuern bezahlte) Infrastruktur ja sowieso vorhanden ist und genutzt werden muss.

Deshalb fordern wir Mobilität für alle – und zwar umsonst! Darüber hinaus wollen wir unser Leben wieder selber in die Hand nehmen – und fahren deshalb pink!

… go pink!

Wo es Einschränkungen der Bewegungsfreiheit gibt, gibt es auch Strategien, trotzdem in Bewegung zu bleiben. Ticketweitergabe oder das Fahren ohne Ticket sind zwei von vielen Beispielen für eine individuelle Flucht nach vorn. Dies wollen wir aufgreifen und so zu gemeinsamen Aktionen ermutigen. Gegen die Verschärfung der Lebensbedingungen, die Ausgrenzung und die immer unbezahlbarer werdenden Fahrkarten bringen wir die Solidarität von unten wieder ins Spiel. Wer pink fährt, steht Menschen, die von strukturellen Rassismen betroffen sind, zur Seite. Wer pink fährt, nimmt andere auf seinem/ihrem Ticket mit. Wer pink fährt, zeigt Solidarität! Sprich andere an und überwinde die Anonymität der Fahrgastzelle!

Wir laden euch alle ein, selber aktiv zu werden – selber umsonst zu fahren oder anderen Umsonst-FahrerInnen zu helfen. Der „Pinke Punkt“ soll als Erkennungsmerkmal für all jene dienen, die umsonst ans Ziel wollen. Egal ob zur Uni, zur Arbeit, zu FreundInnen oder an die Donau. Wir nehmen uns ab heute, was wir brauchen: Bus und Bahn für alle, und zwar umsonst! Wir sind es leid, uns nur zu beschweren und um kleine Zugeständnisse zu bitten, wir nehmen uns einfach das Recht in der Stadt unterwegs zu sein ohne dafür Geld bezahlen zu müssen. Und das nicht heimlich, still und leise sondern offen und laut, denn es gibt nichts wofür wir uns schämen müssten. Wir holen uns nur das zurück, was sowieso uns gehört, wir wollen den Nahverkehr wieder öffentlich machen, öffentlich für ALLE: und fahren pink!

Aneignung als Alltagspraxis

Unsere Kampagne ist ein Versuch, die an einen immer weniger vorhandenen Sozialstaat gebundene soziale Debatte zu durchbrechen und der appellativen Politik eine Alltagspraxis von unten entgegenzusetzen. Mit dem „Pinken Punkt“ wollen wir im Bereich der Öffentlichen Verkehrsmittel existente individuelle zu kooperativen Aneignungspraxen machen. Der Slogan „Mobilität für alle und zwar umsonst“ wirkt in der vermeintlichen Unmöglichkeit seiner Proklamation verwirrend und dient in diesem Sinne dazu, vorhandene Denkräume zu erweitern.

WEG MIT DEN KONTROLLEN!
MOBILITÄT FÜR ALLE!