Nach dem Sieg der Faschisten – Widerstand, Sabotage, Knast, 40 Jahre Schweigen

I Spanien ab Frühjahr 1939 – Massenmord und Massenverhaftungen
" ‘Du wirst sehen, Miguel’, sagte eines Tages ein Jurastudent aus meinem Bataillon verbittert zu mir, ‘sie werden Tribunale und Gerichte einsetzen und uns wie Kriminelle behandeln. Wir sollen die Verräter gewesen sein.`" (Garcia 24) Am 28.3.1939 besetzen „Franco-Truppen … Madrid und haben damit ganz Spanien unter Kontrolle.“ (Medienwerkstatt 76)
„Während der nächsten Monate mußte ich mit ansehen, wie die große Arbeiterbewegung, die mir so viele Jahre hindurch vertraut gewesen war – die vor mir mein Vater so oft unter Einsatz seiner Freiheit hoch gehalten hatte und die ein fester Bestandteil unseres Lebens gewesen war – voll-ständig zerschlagen wurde.“ (Garcia 27)
„Francos nationale Befreiung wurde in einer Orgie von Blut durchgeführt — die Wut eines Mörders, die viele Monate lang anhielt. Von Barcelona bis Sevilla, von Corona bis nach Valencia und Madrid floß das Blut der spanischen Antifaschisten die Rinnsteine herunter.“ (Tellez 37) „Die Falange war außer sich in ihrem Siegestaumel. Sie umstellten ein Haus, holten den Mann, manchmal auch die Frau heraus und erschossen sie an Ort und Stelle.“ (Garcia 27)
„Dieser Periode … folgte eine weitere, die nicht weniger effektiv und willkürlich war als die erste, die der Kriegsräte. Vermutlich glaubten die Sieger, daß sie in einem ’zivilisierten’ Land ihren Ver-brechen … ein Mäntelchen der Legalität umhängen sollten. … [So] fuhren sie mit Razzien fort. 80 oder 100 Leute wurden oft auf einen Schlag abgefertigt. Es tat nichts zur Sache, ob sich die Leute kannten oder nicht … Der Ankläger las nur die wichtigsten Punkte der verschiedensten Anklagen vor und das Urteil wurde sofort gesprochen: der Tod.“ (Tellez 37)
Nach der Zeit des Mordens begannen die Massenverhaftungen. „Oftmals waren die Denunzierten lediglich Opfer eines Neiders, der es auf das Haus, in dem sie lebten, abgesehen hatte oder wegen einer anderen Sache eifersüchtig war. Auf diese Weise wurden viele persönliche Rechnungen beglichen. Es war ja so einfach. Ein Anruf bei der Polizei genügte.“ (Garcia 29, 30)
Auf dem Lande, z.B. in Albalate de Cinca sah es nicht anders aus: „Die anderen, die blieben, wurden getötet oder lebten im Untergrund. Hier war es so, daß noch ein Jahr nach dem Krieg Leute aus dem Gefängnis ohne Gerichtsurteil reihenweise erschossen wurden. Es reichte ein Hinweis … aus dem Nachbardorf, dann wurden sie auf einen Lastwagen geladen, weggebracht und erschossen. Ohne Prozess. So sind sehr wenige übrig geblieben.“ (Medienwerkstatt 112)

II Exil ab Frühjahr 1939
„Tausende unserer Mitglieder gingen ins Exil. Die Glücklicheren fingen in Südamerika ein neues Leben an, einige wenige gingen nach England, wo ihnen traditionsgemäß politisches Asyl gewährt wurde. In Frankreich wurden Tausende in großen Freiluftdrahtkäfigen zusammengepfercht, als ob sie sich irgendwelcher Verbrechen schuldig gemacht hätten. Von senegalesischen Soldaten scharf bewacht, wurden sie wie Tiere eingesperrt, und später wurden viele an Franco, oder, als Frank-reich besetzt war, an die Gestapo ausgeliefert.“ (Garcia 27)

III Spanische Anarchosyndikalist_innen im Widerstand gegen den NS-Staat
„Als am 3. September 1939 der 2. Weltkrieg erklärt wurde, war eine der ersten Folgen in Frank-reich die Öffnung der Konzentrationslager, in denen die Republikanische Armee nach Monaten ruhmlosen Kampfes gegen Hunger, Pocken, Läuse und Ruhr dahin siechte.
Tausende und abertausende Spanier wurden der Produktionsschlacht eingegliedert, gewöhnlich in Fabriken, die mit Kriegsproduktion zu tun hatten … Etwa 50 000 Rojos … wurden in den militärischen Linien als Arbeitsbataillione aufgestellt. Andere wurden … in die Fremdenlegion oder das Pionierkorps gesteckt, um als Stoßtruppen an der Ostfront eingesetzt zu werden.“ (Tellez 27) Zahlreiche Spanier_innen schlossen sich den Marquisards, dem militanten Widerstand an. „Am 10. Dezember 1942 wurden zwei Warenhäuser der Pourerie Nacionale d’Angouleme (Nationale Schießpulverwerke), die bis unters Dach mit Explosivstoffen gefüllt waren, durch einen waghal-sigen Sabotageakt zerstört. Eine Reihe Franzosen wurden auf den Verdacht ihrer Beteiligung festgenommen. Einer dieser Männer besaß ein Gruppenfoto, auf dem auch Sabaté 1) abgebildet war. Man kann mit Befriedigung anmerken, daß es sich um dieselbe Schießpulverfabrik handelte, in der Sabaté nach Verlassen des Konzentrationslagers gearbeitet hatte.“ (Tellez 28)
1) Francisco Sabaté, genannt El Quico

IV Reorganisation der CNT in Spanien ab 1941
„Zurück in Barcelona, begannen El Pépé 2) und ich, unsere Bewegung wieder aufzubauen. Überall in den Bars und Cafes kamen die alten Genossen wieder zusammen. Sie brauchten darüber nicht groß offen zu reden, sie kannten sich alle noch aus ihren … gemeinsamen Schlachten. Die viel ver-sprechende Vorstellung, daß die Falangisten … das Regime in den Krieg treiben würden, war für uns Grund genug, optimistisch zu sein. Wenn sie das Land jetzt als Verbündete der faschistischen Mächte in einen Krieg stürzen würden, würden sie zerschmettert werden.“ (Garcia 35)
„Wir bauten wieder illegale Gewerkschaftsgruppen auf. Die Mitgliedskarten der CNT wurden wieder ausgegeben … Obwohl die Arbeiter gezwungen waren, sich in den faschistischen Syndikaten zu organisieren, sympathisierten sie weiterhin mit den Anarchisten … Einige Arbeitgeber fanden es … ratsamer, die Gesetze zu ignorieren und mit dem ‘inoffiziellen’ Sprecher der Arbeiter, dem CNT-Delegierten, zu verhandeln. Aber die wöchentlichen Stempelmarken der CNT dienten mehr zur Stärkung der Moral als zur Kostendeckung der Organisation. Wir mußten Gelder für Druck-maschinen, Waffen, Unterstützung von Gefangenen und unzähliger mittelloser Familien auftreiben. Wir mußten daher Banküberfälle im großen Maßstab organisieren.“ (Garcia 39)
„Gegen Ende des Krieges hatten wir 13 Gewerkschaften der CNT-Organisation in Barcelona an­gegliedert. Zusammenkünfte wurden heimlich auf Fabrikdachböden abgehalten – das Komitee traf sich in belebten Kneipen, wobei andere drumherum saßen und lauthals sangen und tranken, um etwaige Polizeispitzel abzulenken.“ (Garcia 42)
2) José Sabaté, genannt El Pépé, der ältere Bruder von Francisco

V Fluchtrouten – Rettung von Jüd_innen
„Als Ergebnis meines Geschicks brachte Quico eines Nachts einen deutschen Professor vorbei. Er und seine Frau waren Juden und wurden von der Gestapo verfolgt. Sie hatten die Grenze überschritten und waren völlig verzweifelt. Als sie merkten, daß wir für die Visa kein Geld verlangten, fing die Frau an zu weinen.
“Man hat uns gesagt, die Tallion-Bande seien Anarchisten, Banditen, Kriminelle!” sagte sie. “Anarchisten ja”, erklärte ich ihr. “Aber wenn sie glauben, daß wir Kriminelle sind, dann hätten sie ihren Staat darum bitten sollen, daß er sie schützt. Wie kommt es, daß die Richter und Polizisten in Deutschland sie nicht vor den Nazis retten konnten? Weil der Staat kriminell ist, nicht wir!”
Sie waren die ersten von vielen weiteren Juden, denen die Widerstandsbewegung über die Grenze nach Spanien und später wieder hinaus geholfen hat. Schon bald hatten wir eine regelrechte Fluchtstraße eingerichtet, über die wir Flüchtlinge aus vielen Ländern, britische Piloten und Freiwillige für de Gaulle beförderten. Später wurde dieser Fluchtweg von einigen Ausländern als Preis für ihre Begnadigung an die spanische Regierung verraten.“ (Garcia 40, 41)

VI Anarchosyndikalist_innen im Exil in Frankreich ab 1945
„Der erste Kongreß der Lokalverbände des Movimiento Libertario Espanol (MLE) wurde im Mai 1945 in Paris abgehalten. Die beiden Flügel der libertären Bewegung – der, der an … der republikanischen Regierung beteiligt war, der andere, der sie bekämpft hatte – legten endlich ihre Differenzen bei und erzielten Übereinstimmung darin, alle Anstrengungen auf den Kampf gegen Franco zu konzentrieren. In den folgenden Monaten wurden eine Reihe von Delegierten ins Landesinnere geschickt.“ (Tellez 31)
„Im Mai 1951 veranstaltet die Exilorganisation der spanischen Anarchosyndikalisten in Toulouse nochmals einen internationalen Kongreß der IAA. Auch Augustin Souchy, als Delegierter der Föderation Freiheitlicher Sozialisten Deutschalnds (einer Nachfolge Organisation der FAUD) nimmt daran teil. Die Zusammenkunft sollte einer Bestandsaufnahme der Bewegung und der Koordination internationaler Aktionen dienen. Es sollte ihre vorerst letzte werden. Aus den Berichten … geht hervor, daß die syndikalistische Bewegung enorm an Einfluß verloren hat.“ (Medienwerkstatt 56)

VII Spaltung an der Gewaltfrage
„Wir waren in einer entscheidenden Phase gespalten. Die meisten von uns, hauptsächlich in Kata-lonien, vertrauten fest auf unsere anarchistische Überzeugung. Dann mußten wir ungläubig ver­nehmen, daß man uns kritisierte, weil wir ‘für Gewalt’ waren. Hatten sich unsere Kritiker mit Francos Sieg abgefunden? 1945 waren wir noch weniger bereit zu kapitulieren als 1939. Wir waren gezwungen, Banküberfälle zu machen, zu fälschen, aber wir waren keine gewöhnliche Kriminelle. Männer, die bei Überfällen Millionen erbeuteten, nahmen sich nicht einen Centavo davon, obwohl sie in Armut lebten. Alles kam der Organisation zugute.“ (Garcia 42, 43)
„Viele aktive Kämpfer hatten wieder den Kampf gegen den Faschismus aufgenommen – besonders bewunderte ich wegen seines uneigennützigen Charakters Pedro Adrover Font, bekannt als El Yayo (katalanisch: Der Großvater). …1947 legte Adrover eine Bombe in die Kathedrale von Barcelona – den Zünder hatte er auf den Moment eingestellt, an dem der Caudillo zu einem feierlichen Tedeum erscheinen sollte. Die Bombe explodierte, bevor Franco erschienen war. … Einmal sprengte El Yayo die gesamte Vorderfront eines städtischen Polizeigebäudes. Dabei handelte es sich um eine perfekt abgestimmte Aktion… Allerdings: Irgendein armer Teufel, ein Tramp, hatte sich ausgerechnet die Türschwelle als Lagerplatz ausgesucht. … Wie bei den meisten Aktionen Adrovers war niemand vorher darüber informiert…
Es hieß, unsere Bewegung würde dadurch ein ‘schlechtes Image’ bekommen. ‘Du hast recht’, erwiderte ich sarkastisch dem Delegierten. ‘Ich erinnere mich, du warst bei der Artillerie. Du hast deine Granaten immer nur auf Falangisten mit Parteiausweis und auf Generäle mit mehr als drei Sternen fallen lassen.’ ‘Jetzt liegen die Dinge anders, damals war Krieg.’, ‘Wenn dies kein Krieg ist – lang lebe Franco!’ " (Garcia 44, 46)

VIII Aufbau und Politik der Guerilla-Gruppen
„Die Menschen, die jetzt in den Pyrenäen den Guerillakampf aufnahmen, waren abgehärtete Kämpfer, vom Bürgerkrieg gefestigt … überwiegend Mitglieder in der FAI (Federacion Anarquista Iberica – Iberische Anarchistische Föderation) … Oftmals waren auf ihre Köpfe hohe Belohnungen ausgesetzt. Sie beherrschten die Kunst des Guerillakampfes aus dem Effeff.“ (Garcia 35)
„Meine Einheit nannte sich die ‘Tallion-Gruppe’. Dieser Name wurde von Presse und Polizei in ‘Tallion-Bande’ verfälscht… Wir versorgten die gesamte Halbinsel einschließlich Portugals mit Waffen und Dokumenten. Waren wir Kriminelle? Kann sein. Keine Regierung der Welt bot uns die Annehmlichkeit ihrer Legalität an, nicht einmal jene armselige Briefkastenregierung der ‘Spanischen Republik’ in Mexico City. Für die Welt waren wir Banditen, die Überfälle inszenierten und Regierungsgebäude in die Luft sprengten, Halsaufschlitzer, die in heruntergekommenen Bruch-buden in den Armutsvierteln hausten. … Zu Beginn ihrer Aktivitäten hatten die Widerstands-gruppen, wie immer, nicht eine Pesete in ihren Kassen.“ (Garcia 47)
„Das Widerstandsnetz der anarchistischen Bewegung bestand insgesamt aus 5 Gruppen. Unsere Gruppe, die Tallion-Gruppe, hatte ihren Schwerpunkt in Barcelona. Die anderen vier Gruppen operierten über die Grenze hinweg. Es gab die Gruppe “Los Manos” (Die Hände), sie war nach Barcelona gekommen und operierte aus den Vorstädten der City heraus … Dann gab es die von José Sabaté organisierte Gruppe. Dann Pinas Gruppe, die während des ganzen II. Weltkrieges aktiv gewesen war, – und schließlich die von Culebra organisierte, in der der jüngste Sabaté-Bruder, Manuel, kämpfte.“ (Garcia 51)
„Im Mai 1949 kam eine weitere Aktionsgruppe aus Frankreich in Barcelona an. Alle waren erfahrene Männer José Luis Facerias (Face), Enrique Martinez Marin (el Quique), Guillermo Ganuza Mavarro und Antonio Franquesa Funoll (el Toni). Letzterer war ein erfahrener Führer und arbeitete … mit den libertären Gruppen zusammen, obwohl er Mitglied der POUM war.“ (Tellez 76)

VIII a Politik der erpressten Spenden
„Antonio Lopez war der Bundesdelegierte für Rioja und Navarre, er war einer der mutigsten Männer, denen ich je begegnet bin. Er startete die ‘Politik der erpreßten Spenden von Industriellen’. Er besaß die Liste derjenigen Arbeitgeber, deren Fabriken während der revolutionären Periode … von den Arbeitern kontrolliert und kollektiv geführt worden waren. Mit Beginn des neuen Regimes hatten die Arbeitgeber diese Fabriken wieder übernommen. Lopez hatte die Angewohnheit, bei den leitenden Direktoren vorzusprechen und sie aufzufordern der Bewegung als Gegenleistung für die Art und Weise, wie sich die Arbeiter während ihrer Abwesenheit um die Fabriken gekümmert hatten, Wiedergutmachung zu zahlen – es gab Fälle, wo sich unter der Kontrolle der Arbeiter der Wert einiger Fabriken sogar verdrei- und vervierfacht hatte. … Die Herren Direktoren würden doch sicherlich … etwas spenden? Viele erklärten sich dazu bereit, …, vielleicht, weil es spät in der Nacht … in ihren Privatwohnungen war und weil Lopez bewaffnet gekommen war.“ (Garcia 47, 48)

VIII b Enteignungsaktionen
„Gemeinsam mit el Abisionio und einem anderen Genossen führte er El Quico also eine Reihe von Enteignungsaktionen in seiner Heimatstadt Hospitalet durch. Eins der ersten Opfer war Juan Panellas Torras, ein außergewöhnlich reicher Mann. Ein weiteres war Manuel Garriga Pugador, ein gutsituierter Geschäftsmann, dem ein großer Laden in der Galle del Generalissimo Franco gehörte. Die drei Genossen fesselten Garriga und seine Frau und nahmen zwei Schreibmaschinen, 30 000 Peseten und zwei Säcke voll Proviant mit. Sabate hinterließ … folgende Nachricht: „Wir sind keine Räuber, wir sind Kämpfer des libertären Widerstands. Was wir soeben mitgenommen haben, wird ein wenig dazu beitragen, den verwaisten und elenden Kindern jener Antifaschisten zu essen zu geben, die ihr und euresgleichen erschossen habt. Wir sind Menschen, die niemals um das gebettelt haben und niemals um das betteln werden, was uns gehört. Solange wir die Kraft haben, werden wir für die Befreiung der spanischen Arbeiterklasse kämpfen. Was dich betrifft, Garriga, so haben wir dich, obwohl du ein Mörder und Dieb bist, verschont, weil wir als libertäre Kämpfer ein Menschenleben achten. Etwas, was du nie getan hast und wahrscheinlich nie verstehen wirst."
Das nächste Opfer war einer der führenden Faschisten von Hospitalet, ein Mann namens Canary. Sabaté und seine Genossen brachen um vier Uhr morgens in sein Haus ein und verschwanden, nachdem sie Canary und seine Frau gefesselt hatten, mit 25 000 Peseten, einem Sack Bohnen und einem Sack Kartoffeln. Auch hier ließ er eine Erklärung zurück.“ (Tellez 32, 33)

VIII c Fälscherwerkstätten
„Geschützt durch das Konsulat schickten sie der britische Geheimdienst einen Geheimagenten, einen Fälscherexperten, nach Barcelona. Er brachte mir diese Kunst bei, und ich wurde ein Spezialist. Von dem Ertrag eines Bankraubes, den unsere Gruppe durchgeführt hatte, hatte ich mir eine Druckmaschine besorgt (in meiner Jugend hatte ich eine Schriftsetzer-Lehre gemacht) und war nun in der Lage, die großen Mengen behördlicher Dokumente, die jetzt im Umlauf waren, nachzudrucken: Lizenzen, Befehlsvordrucke, Visa, Gnadenerlasse, Personalpapiere aller Art … Wir mußten unsere Mitglieder wieder in den Arbeitsprozeß reinbringen und aus der Verstecksituation herausbringen. Es war schön, nach so vielen Jahren des Tötens eine der humansten Tätigkeiten, die es in einem totalitären Staat gibt, zu erlernen.
Eines Tages bewunderte mein Lehrer mein handwerkliches Geschick bei der Erstellung eines deut­schen Diplomatenpasses, von dem er glaubte, daß man ihn von einem echten Paß nicht unterscheiden könnte. Er wies dies nach, indem er einige unbedeutende Stellen im Originalpaß mokierte, d.h. diesen mit meinem nachgemachten Paß verwechselte. ‘Das beweist, daß du es ausgezeichnet beherrschst’, stellte er erfreut fest, als ich ihn auf seine Verwechslung aufmerksam machte.“ (Garcia 40)
„Das Gericht sah sich gezwungen, mich an das Schwerwiegende meines Verbrechens zu erinnern. Ein Schauer des Entsetzens überfiel sie, als ich nicht einsehen wollte, was am Fälschen so schlecht sein sollte. In einer Gesellschaf, die das Geld anbetete, rührte das Fälschen von Geld direkt an ihren Wurzeln, und in einem totalitären Staat mußte das Fälschen von Dokumenten den selben Horror hervorrufen.“ (Garcia 123)

VIII d Casita Blanca Aktionen
„Jose Facerias war eine weitere legendäre Gestalt des Widerstandes – mit seinen Nerven aus Stahl hatte er immer wieder die Polizei zur Verzweiflung gebracht. … Er hatte einen geradezu teuflischen Sinn für Humor, was ganz wesentlich zu dem Feindbild gehörte, das man von ihm hatte. … Die Motive der Casita Bianca-Aktion … waren weder finanzieller noch politischer, sondern rein psychologischer Art. Wir hatten das Gefühl, daß durch die Aktion viele der uns zugefügten Unmenschlichkeiten zurückgezahlt worden waren. Es handelte sich dabei um den feudalsten Puff in der Stadt. Dort, in der luxuriösen Hotelatmosphäre, strickten die Reichen und Mächtigen ihre Affären. Wir glaubten, daß es ihnen die Furcht mitten ins Herz jagen würde, wenn wir sie spüren ließen, daß sie selbst dort … nicht vor diesen schrecklichen … Anarchisten, sicher sein konnten – also überfielen wir den Laden und besetzten ihn für vier Stunden. … Der Überfall löste eine nicht enden wollende Kettenreaktion aus, denn die anwesenden einflußreichen Politiker, Geschäftsleute und Damen der Gesellschaft erkannten sich alle wieder, als sie sich dort versam-melten. … Sogar ein errötender Vertreter der Kirche war dabei. … Facerias hat noch …zwei ähnliche Aktionen, u.a. im noch luxuriöseren Hotel ‘Pedralbes’ unternommen.“ (Garcia 52, 53, 56)

VIII e Gefangenenbefreiung
„Die Schlagkraft von Sabatés Organisation zeitigte bald die ersten Ergebnisse. Eine der heraus-ragenden frühen Leistungen war die Befreiung einer Gruppe von Gefangenen. … Die betreffenden Gefangenen waren zwei Genossen, die Anklagen entgegensahen, auf die die Todesstrafe stand und die zusammen mit einem dritten Mann, der der Kommunistischen Partei angehörte, in ein anderes Gefängnis verlegt werden sollten. Mit Informationen, die ein Genösse, Victorio Gual Vidal besorgt hatte und die bis ins letzte Detail zutrafen, stellte die Gruppe ihren Plan auf. Sabaté, el Roget und Abisinio führten die Operation durch.
Die Befreiung fand am 20. Oktober 1945 statt. … Die Operation war ein voller Erfolg, sieht man davon ab, daß der dritte Gefangene, der Kommunist, sich weigerte, seinen Befreiern zu folgen.“

VIII f Gefangenenhilfe
„Am 12. Januar 1949 wurde eine Reihe von Genossen der libertären Bewegung, die im vorigen Mai verhaftet worden waren, aus dem Gefängnis … entlassen. Unter ihnen war Francisco Ballester Orovitg. Während seiner Haft hatte Ballester eine Liste aller CNT-Häftlinge mit den Adressen ihrer Angehörigen und der Anwälte, die sie verteidigt hatten, aufgestellt. Es war deren Zweck, eine nachhaltige materielle Hilfe für die Gefangenen und deren Familien zu organisieren… Um das Projekt durchzuführen, trat er über einen Mittelsmann mit Francisco Sabaté in Kontakt, den er recht gut kannte. Sabaté nahm die Idee, eine Gefangenenhilfe zu organisieren, mit großer Begeisterung auf. … Balaster trat an einen sympathisierenden Rechtsanwalt heran, um ihm die Aufgabe der legalen Hilfe zu übertragen. Sabatés Gruppe übernahm – ohne jede Unterstützung der MLE – die Kosten für das Projekt. Wie üblich war damit die Geldfrage gestellt. Erneut waren die Aktions-gruppen gezwungen, die Banken mit Zwangsbeiträgen zu belasten.“ (Tellez 58, 59)

VIII g Hinrichtung von Überläufern
„Die Operation erhielt die Bezeichnung ‘Plan H’ und wurde bis ins letzte Detail festgelegt. Am Mittag des 12. Juli 1947 gingen Manuel Pareja, Antonio Gil … und ein weiterer Genosse in ein Café …, wo Melis in Hemdsärmeln Billard spielte. Pareja ging unbemerkt zu Melis, legte ihm die Hand auf die Schulter und forderte ihn auf ohne Widerstand mit nach draußen zu kommen. Melis… zeigte sich gefügig. Er nahm seine Jacke und verließ in Begleitung der drei Männer das Café.
Auf der Straße teilte ihm Pareja kurz mit, daß es ihm mehr als um sein Leben um alle Dokumente und Papiere aus seinem Besitz ginge und daß er mit ihm gehen würde, um sie zu holen. Melis er-kannte, daß es … kein Entkommen gab. Das umso mehr, als er sah, daß außer den dreien …, noch drei andere Genossen warteten, u.a. Pedro Adrover Font, bekannt als el Yayo, Ramon Gonzales Sanmarti … Melis hatte der spanischen Polizei ausgezeichnete Dienste geleistet, aber auf lange Sicht werden Verräter von allen verachtet. Sein Tod wurde von den Zeitungen Barcelonas nur in wenigen Zeilen gemeldet, nicht einmal sein Name wurde genannt.“ (Tellez 51 – 53)

VIII h Aktionen gegen die internationale Anerkennung Franco-Spaniens
„Damals wurde vor den Vereinten Nationen über die Stellung Spaniens diskutiert und eine Reihe lateinamerikanischer Länder – Bolivien, Peru, Brasilien und Kolumbien – forderten, daß das Über-einkommen vom Dezember 1946, nach dem Mitgliederstaaten keine Botschafter nach Madrid schicken sollten, annulliert werden sollte. … Argentinien, … nahm ausgerechnet am Tag der Unterzeichnung der UN-Resolution diplomatische Beziehungen mit Spanien auf.
Als die Empfehlung … 1947 erneuert wurde, fuhren andere Länder fort, Botschafter ins Franco-Spanien zu entsenden und wenn die Alliierten keine Botschaften unterhielten, so hatten sie doch Handelsmissionen … Einige Genossen entschieden, daß es das beste wäre und den größten Öffentlichkeitswert haben würde, einige gut platzierte Bomben … in die Konsulate von Bolivien, Peru und Brasilien zu legen. Zur Ausführung teilten sie sich in zwei Gruppen: Fracerias, Adrover und ein dritter, um die Bombe im Generalkonsulat von Bolivien … zu legen; el Quico, Paco und ein anderer, um sich des peruanischen Konsulats … und des Konsulats von Brasilien … anzunehmen. Die Bombenanschläge fanden am 15. Mai statt.“ (Tellez 76, 77)

IX Organisationspropleme
„Die spanische Libertäre Bewegung hat niemals eine klare und konkrete Position im Kampf gegen Franco eingenommen – sie hat auch nicht versucht, zwischen den Aktivitäten eines politischen und eines militärischen Flügels in ihren Reihen zu trennen. An der Planung von Guerilliaaktionen waren Leute beteiligt, die nicht die geringste Absicht hatten, sich an den Aktionen selbst zu beteiligen; die legale politische Organisation in Frankreich kontrollierte die Bildung bewaffneter Gruppen – eigen-sinnig übersah sie dabei die Tatsache, daß es in ihren Reihen Informanten, Scharlatane und Heuchler in jeder Form und Größe gab … – ein Irrsinn ohnegleichen, bei dem völlig außer acht gelassen wurde, welche Gefahren eine solche Situation … hervorrief … Diese hier kurz umrissenen Irrtümer kamen der Bewegung teuer zu stehen – sie wurden bezahlt mit dem Blut und dem Leben der besten Genossen.
Die Mitglieder der Aktionsgruppen setzten sich beharrlich aber erfolglos dafür ein, diesen traurigen Zustand der Organisation zu ändern und eine autonome Widerstandsorganisation aufzubauen. Die Männer und Gruppen, die an Aktionen beteiligt waren, sollten dadurch die Verantwortung selbst übernehmen können und unter anderem vermeiden, daß die Auswirkungen der Repression immer auf die Genossen fielen, die in der Propaganda- und Betriebsarbeit standen.“ (Tellez 35, 36)
„Im März 1947 formierte sich die Libertäre Widerstandsbewegung in Barcelona (MLR) unter der Vorstellung, alle organisatorischen und propagandistischen Tätigkeiten von der reinen Guerilla-tätigkeit zu trennen. Die Idee stammte von Genossen aus dem Inneren und wurde von einem neuen Delegierten aus Frankreich unterstützt. Später verwarf die Bewegung im Exil diesen Gedanken jedoch wieder und berief ihren Delegierten ab.“ (Tellez 51)

X Unterwanderungsversuche durch das Franco-Regime
„Sie gingen sogar bis nach Frankreich, um unter den Emigranten das geeignete Material zu suchen. Durch verschiedene Methoden, darunter auch Gewaltanwendung, versuchten sie, militante Arbeiter zur Mitgliedschaft im Nationalen Gewerkschaftszentrum zu bewegen. Sie hatten sogar die Stirn, an so integere Männer, wie Juan Peiro Belis und Jose Villaverde heranzutreten, die beide ermordet wurden, als sie sich weigerten, ihre Prinzipien … zu verkaufen.“ (Tellez 37, 38)
„Melis war ein alter Militanter der Textil- und Fabrikgewerkschaft aus Barcelona, der zwischen 1931 und 1935 im Komitee dieser Gewerkschaft gearbeitet … und … Beiträge für die Solidaridad Obrera geschrieben hatte. … Nach Kriegsende blieb Melis in Barcelona und tauchte sehr bald zusammen mit Kommissar Quintela in der Öffentlichkeit auf. Er war imstande, Genossen aus Guerillagruppen weiszumachen, daß er innerhalb des Polizeihauptquartiers zum Wohl der CNT tätig sei. Er wurde sogar Sekretär des geheimen Regionalkomitees. Nachdem er von dieser Funktion abgewählt wurde, fuhr er fort, aktiv in die Diskussionen der Organisation einzumischen.“ (Tellez 39)

XI Die Zerschlagung der Guerilla 1949 / 1950
„In Barcelona wurde die neue Welle der Repression mit der Verhaftung von Jaime AIbana begonnen, einem jungen libertären Kämpfer … der versucht hatte, einem Informanten der Polizei eine seltene goldene Uhr zu verkaufen. Der Polizeiinspektor, der Jaime verhaftete, wußte, daß er es mit einem ‘Terroristen’ zu tun hatte, als der Verdächtige ihm auf die Forderung nach seinen Papieren einen Falangeausweis zeigte, der kurz vorher … aus dem Verkehr gezogen worden war. Letzteres war ein Ergebnis davon, daß zahlreiche, aus Toulouse stammende Fälschungen ent-deckt worden waren.“ (Tellez 86)
„Wieder bearbeiteten sie Jaime Albana, um noch mehr aus ihm herauszukriegen, und dieses Mal gab er ihnen zwei Adressen preis. Die erste war die von Jose Corral Martin. Er und seine Familie wurden verhaftet. Sie standen unter Hausarrest, als ich bei ihnen ankam. … Alle meine Freunde marschierten herein, aus der ganzen Stadt, aufgestöbert von der Polizei am Tage von Quintelas Triumph. Ich konnte hören, wie die verhaßte Stimme am Telefon rief: ‘Auf der Flucht erschossen? Gut, bringt die Leiche rein!’ Es gab noch jemand, der an diesem Tage unter der Folter der Polizei zusammenbrach. Eusebio Montes Bescos, dessen Adresse als zweite von Jaime genannt worden war – er gehörte der Gruppe des älteren Sabaté an, und er gab Ort und Zeit preis, an dem er El Pépé treffen sollte.“ (Garcia 60) Zwischen dem 14.10.1949 und Januar 1950, als die Polizei die Gruppe ‘Los Manos’ aushob, zerschlug sie fast die gesamte Guerilla. Verhaftungen und Folter führten zu immer neuen Hinterhalten, Erschießungen und Verhaftungen.

XII Die Bedeutung Frankreichs für Guerilla und Francos Regime
Frankreich war einerseits Rückzugsort, ging andererseits repressiv gegen die militanten Geg-ner_innen Francos vor. Knast und Auffenthaltsbeschränkungen wurden häufig genutzt. Frankreich arbeitete aber zunehmned auch mit den Schergen Francos zusammen, gab wichtige Hinweise zur Verfolgung des Widerstandes.

XIII Straßenbahnkämpfe 1951
„Anfang 1951 änderte sich der Charakter der Widerstandsbewegung … Die illegale Arbeit der … antifaschistischen Organisationen durch all die Jahre … half, eine generelle Unzufriedenheit herbei-zuführen… Straßendemonstrationen wurden mehr und mehr wirksam.“ (Tellez 99)
In Barcelona gab es spontane Protestdemonstrationen gegen die Straßenbahngesellschaft, die die Fahrpreise erheblich erhöht hatte. Student_innen begannen, aber nach und nach beteiligten sich alle. „In Madrid wurden die Bahnen boykottiert. Während der zweiten Februarhälfte gab es Massenhaft Zwischenfälle … und nach dem 23. fuhr jede Straßenbahn in der Stadt ohne Fahr-gäste. Das gab den illegalen Gruppen neuen Mut, am Kampf gegen das Regime teilzunehmen.
Die Agitation gegen die Straßenbahngesellschaft führte am 12. März zum Generalstreik in Barcelona. Mehr als 30 000 Arbeiter nahmen die Straße, um ihre Opposition nicht nur gegen die Fahrpreiserhöhung, sondern auch gegen die gestiegenen Lebenskosten und vor allem gegen die widerwärtige Herrschaft General Francos zum Ausdruck zu bringen. … Der Streik breitete sich in Barcelona, Tarrasa, Sabadel und Manresa aus und am 13. März waren 150 000 Arbeiter auf der Straße. … Obwohl der Streik nur kurze Zeit dauerte, zeigte er doch dem Regime, das bis dahin mehr oder weniger gemacht hatte was es wollte, daß seine Behauptungen, es habe die Unterstützung der Bevölkerung, glatte Lügen waren. “ (Tellez 99, 100)

XV Neuaufbau von Guerilla und anarchistischen Strukturen seit 1955
„Die groß angelegten Pläne, die Sabaté vorbereitete, konnten nicht allein durch seine Aktivität finanziert werden. Wir werden später sehen, daß in den Gebieten, wo seine Aktivitäten stattfanden, eine schreckliche Repression folgte, die Hunderte von Genossen in Francos Kerker brachte. Zu Sabatés ständigen Bemühungen in Spanien gehörte der Aufbau einer effektiven Infrastruktur der Stadtguerilla – Basen, organisierende Gruppen, Kontakte usw. – um sicherzugehen, daß sie am Tag X in einer ausreichend organisierten Verfassung waren, um der Diktatur den letzten Stoß zu versetzen. Als wichtiger Punkt sollte erwähnt werden, daß diese Gruppen niemals an direkten Aktionen über das Verteilen von Propaganda und der Werbung von Anhängern in ihrem Gebiet hinaus beteiligt waren. Außerdem gaben die Gruppen nicht eine Pesete an die Aktionsgruppen ab. Der Grund dafür war, daß Sabaté… wußte, daß diese Methode … lediglich der Polizei Hinweise über die Infrastruktur der Organisation gab und es ihr erlaubte, sie auffliegen zu lassen, wann immer sie sich durch ihre fortgesetzte Existenz gefährdet sah. Das konnte herzzerreißend sein und war es, wenn man den Aufwand an Zeit und Arbeit bedenkt, der im Aufbau einer illegalen Widerstandsorganisation steckte.
Aus diesem Grund wurde mit dem Geld aus Enteignungsaktionen die illegale Arbeit finanziert. Propaganda, Reisen, Waffen, Sprengstoff, falsche Papiere, Gefangenenhilfe usw. und aus demselben Grund wurde Sabaté, wie alle anderen Aktivisten, in der spanischen Presse als Bandit verleumdet. Damals und bis auf den heutigen Tag ist es fester Bestandteil von Regierungspolitik, die Existenz revolutionärer Gruppen zu verschleiern, indem sie ihre Aktivitäten kriminalisiert und in dieser Weise in den Medien darstellt.“ (Tellez 112)

XVI Anarchosyndikalistische Propagnadatätigkeit
„Dreißig von uns sollten zusammen verurteilt werden, und man schaffte uns in das riesige Gebäu­de der Militärregierung. … Obwohl der Wagen, in dem wir transportiert wurden, fast völlig geschlossen war und trotz der Unmenge von Polizisten, die die schweigende Menge zurückhielt, gelang es uns, hier und da einige der plötzlich über Nacht aufgetauchten Parolen zu erblicken. ‘Befreit die 3O Gefangenen!’ ‘Schluß mit den Morden!’“ (Garcia 63)
„Sabates Gruppe hatte eine große Menge Propagandamaterial, mit dem sie von Freunden vor der Abreise versorgt worden war, bei sich. Vor allem hatten sie eine vierseitige Publikation in ihren Taschen, „El Combate – Organ der Anarchosyndikalistischen Gruppen".
Es war ein Teil der ersten Ausgabe der neuen Zeitung vom 1. Mai 1955. Hauptinhalt war die historische Rolle des 1. Mai in der Geschichte der Arbeiterbewegung darzustellen. Im „El Combate" wurde auf die Ursprünge dieses ‘Arbeiterfeiertags’, die Märtyrer von Chikago und auf die Geschich­te des Kampfes der CNT … hingewiesen. Am Ende stand ein Aufruf … zur Militanz auf drei Ebenen: der CNT, der direkten Aktion gegen die Unterdrücker und für Freiheit.“ (Tellez 102, 103)
„Die zweite Ausgabe erschien im Juli, die dritte im Oktober. Beide umfaßten zwei Seiten, insgesamt gab es vier Ausgaben. Nach dem Auffliegen der illegalen Solidaridad Obrera gab Sabaté eine Sondernummer ohne Datum und Nummer heraus.“ (Tellez 108)
„Unter dem ganzen Krimskrams, den Sabaté während seines Zwangsaufenthalts in Frankreich zusammengetragen hatte, war eine Art selbstgemachter Mörser. Er war so konstruiert, daß man damit Projektile mit Propagandamaterial über eine Entfernung von 1.500 Metern abfeuern konnte. Sie explodierten mitten in der Luft und verstreuten die Flugblätter über ein großes Gebiet. Diese neue Methode, Propagandamaterial zu verteilen, wurde während eines Besuches Francos in Barcelona, am 28. September 1955, ausprobiert. Sabaté mietete ein Taxi mit Sonnendach und erklärte dem Fahrer, er sei beim Informationsministerium beschäftigt und müsse offizielle Propaganda zu Ehren des Caudillo an das Volk von Barcelona verteilen. Die Bürger waren völlig überrascht, als sie tausende subversiver Flugblätter, mehrfarbig und in Katalonisch und Spanisch bedruckt, vom Himmel flattern sahen.“ (Tellez 107)

XVII Kämpfe im Knast
„Garcia beschreibt, wie seine Mutter, ohne davon zu wissen, einen Revolver für seine Flucht in einem Geheimfach eines Koffers voller Kleidung in den Knast von San Miguel de los Reyes schmuggelt. (Garcia 84, 85).
Er beschreibt mehrere z.T. erfolgreiche Fluchtversuche, z.B. mit gefälschten Haftverschonungs-befehlen (87, 88), aufwändigen Tunnelgrabungen (86f, 132, 174ff), durch das Zersägen von Gitterstäben (89 ff), über Dächer (127ff, 158ff), auf Transporten zu Gerichtsverfahren, die immer in der jeweiligen Tatprovinz stattfanden.
Auch Kämpfe zur Verbesserung der Situation der Gefangenen oder zur Abwehr gegen Repression beschreibt Garcia, von kollektiven Einforderungen von Rechten (153ff) über einen 14 tägigen Streik der Gefangenen und gleichzeitigen Boykott des Gefängnisladens, der zur Versetzung des Knastdirektors führte (94 – 96) oder einen veritablen Aufstand (140ff), in dessen Verlauf „drei Kompanien Polizei (ca. 360 Mann…)“ zur Hilfe gerufen, von den Gefangenen angegriffen und eingekesselt wurden und sich unter „viva la republica!“-Rufen der hastig zurückzogen.

XVIII Schweigen und Verstecken
„Clara: Und wie ist es jetzt nach Francos Tod? Hat man die Arbeit hier wieder angefangen? Joaquim: Die Faschisten haben alles zerstört. Diejenigen, die man nicht gefangen und getötet hat, saßen entweder im Gefängnis oder versteckten sich. Die übrigen, die waren gezwungen, ein unauffälliges Leben zu führen. Sie waren voller Angst und hielten den Mund! Augustin: Ja, aber ich meine hier, nach Francos Tod, hat man versucht, die Schule neu aufzubauen? Joaquim: Seitdem haben sich die Sachen dermaßen geändert. Alles ist so anders geworden, daß selbst die Ideen von damals völlig verschwunden sind. Es ist heute unmöglich geworden, unsere Ideen von damals umzusetzen. Denke doch nur an die 40 Jahre Repression. Das hat alles gelöscht in den Köpfen der Jugendlichen.“ (Interview mit Joaquim Parizio, Medienwerkstatt, S. 101-102)
„El Topo: Als der Aufstand begann, hat man eine Liste aufgestellt, mit 26 von uns, wir sollten erschossen werden, weil sie sich rächen wollten, und viele wurden auch ermordet. Ich mußte es ja mit eigenen Augen sehen. Orencio: Er grub einen Tunnel unter seinem Haus, so versteckt wie nur möglich. Dort hat er sich dann jahrelang versteckt, bis eben dieses eine Mal, wo er nicht rechtzeitig in seinen Tunnel kam, und in einen großen Krug kriechen mußte. Clara: Wie lange warst du im Tunnel? El Topo: Nein, neun Jahre so und ein Jahr im Gefängnis, zehn Jahre insgesamt!“ (Interview mit El Topo, dem Maulwurf, Medienwerkstatt, S. 138-140)

XIX Der 5. Januar 1960
Mit dem Tod von Francisco Sabaté, dem letzten bekannten Guerrillero, hat sich die Repression im faschistischen Spanien endgültig durchgesetzt. Der französische Staat hatte das Franco-Regime über Ort und Zeitpunkt des Grenzübertritts der Gruppe um Sabaté im Dezember 1959 informiert. (Tellez S. 146 – 152). „Zwar griff die Guerilla immer noch das Regime an, war aber dazu gezwungen, die eigene Existenz zu erhalten, und soweit es für die Öffentlichkeit erkennbar war, unterschied sie sich nur noch wenig von irgendeinem Banditen.“ (Garcia 200) „Aber: Die E.T.A. .. wurde im Baskenland zunehmend militanter.“ (201, 202) und von 1962 an wurden von der ‘1.Mai-Gruppe’ in vielen Ländern und in Spanien Anschläge auf Institutionen Spaniens verübt (202ff).

Quellen
- Antonjo Tellez: Sabaté – Stadtguerilla in Spanien nach dem Bürgerkrieg 1945 – 1960, Trikont Verlag, München 1974
- Miguel Garcia: Spanien – Kampf und Gefangenschaft 1939 – 1969, Karin Kramer Verlag 1975
- Medienwerkstatt Freiburg: Die lange Hoffnung, Trotzdem Verlag, Grafenau 1985