*reality*show* // Konzept für ein queer-feministisches Veranstaltungsprojekt

*reality*show*

Konzept für ein queer-feministisches Veranstaltungsprojekt

Ohne Anspruch und Vollständigkeit, mit Blick auf die Prozesshaftigkeit unseres Unterfangens: Hier ein Versuch zu klären, woher wir kommen, welche Privilegien wir mitbringen und wohin wir mit reality*show wollen.

Steckbrief:

Alter: zwischen Anfang 20 und Mitte 30
Geburtsland: teils BRD, teils DDR
Staatsangehörigkeit: deutsch (qua Geburt)
Geschlecht: unsere geschlechtliche Identität entspricht dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht und wird von Anderen auch so gelesen
gesellschaftliche Position: Kultur- und Kreativschaffende, Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen
ökonomische Situation: differenziert prekär, abhängig oder unabhängig von staatlicher Subvention
äußere Merkmale: beständige Blässe (alle weiß), als nicht beeinträchtigt oder gehandicaped wahrgenommen
Wir mögen: Uneindeutigkeiten, identitäre Selbstbestimmung, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Autonomie, poststrukturalistische Theorieansätze, gesellschaftskritische Diskurse, Bruchstellen, queer-feministischen Aktionismus …
Wir mögen nicht: alle Dimensionen von hierarchisierenden Differenzkategorien, ausschließende Normierungsprozesse, Macht- und Herrschaftsverhältnisse …
Wissen über Queer: individuell differenziert
Unsere Vision: vielfältige Handlungs- und Lebensweisen aufzeigen, entdecken und neu entwerfen


Um über Schlagworte hinaus beantworten zu können, wer wir sind, müssen wir uns immer im Kontext unseres Umfeldes und zu der Gesellschaft, in der wir leben, betrachten. Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist, dass wir im Verlauf unserer Sozialisation automatisch und wie selbstverständlich mit einer Vielzahl von Privilegien ausgestattet werden. Wir (be)nutzen und (re)produzieren diesen bevorzugten Status, an den sich eine Reihe von Merkmalen und Kategorien bindet. Wir leben in einer gesellschaftlichen Wirklichkeit, die sich als Normalität darzustellen versucht. Jedoch ist Wirklichkeit immer abhängig von spezifischen Gegebenheiten und Sichtweisen des jeweiligen Menschen, individuell deutbar. Wir wollen uns lebensweltliche Konstruktionen in kritischer Reflexion und im Austausch miteinander bewusster machen, um Absolutheitsansprüchen und Dualismen etwas Eigenes entgegenzusetzen.
Wir, das ist eine Gruppe von Menschen, die sich gefunden hat, um die Strukturen, in denen wir leben, zu hinterfragen und den Zustand gesellschaftlich geschaffener, als gegeben reproduzierter und machtvoll erhaltener Normen ein Stück weit zu demontieren.


Was wir wollen

Als Gruppe verfolgen wir einen do it yourself-Ansatz (D.I.Y.), denn wir möchten Queer als offenen und veränderbaren Prozess betrachten, genauer untersuchen und mit Lebendigkeit füllen. Dabei wollen wir Inhalte an Interessierte weitergeben und zugleich unsere eigenen Standpunkte reflektieren sowie von- und miteinander lernen.
Wir möchten versuchen, Queer über den wechselseitigen Transfer von Theorie und Praxis als Instrument anzunehmen, um alternative Handlungs- und Lebensweisen zu entdecken, zu erfahren und zu diskutieren. An der Schnittstelle von Intermedialität und Interaktivität wollen wir durch verschiedene und abwechslungsreiche Angebote und Aktionen möglichst viele und unterschiedliche Menschen erreichen. Daher werden wir zusätzlich bewusst versuchen, den öffentlichen Raum zu besetzen,um unsere Reichweite und Handlungsmöglichkeiten zu vergrößern. Damit möchten wir Berührungsbarrieren gegenüber Queer als gesellschaftspolitischem Thema abbauen, um gemeinsam zu partizipativen und aktionsorientierten Konzepten zu gelangen.

Das Projekt soll eine Plattform bieten, auf der sich beständig neu hinzukommende Menschen einbringen und kreativ mitgestalten können. Wir sind darüber hinaus an einer Zusammenarbeit mit anderen Gruppen und Initiativen interessiert, damit einzelne Themen in Kooperationen oder auch mit eingeladenen Expert*innen behandelt werden können. Wir wollen die Möglichkeit geben, Denkprozesse anzuregen, um sich zwanglos und kritisch mit der Thematik auseinanderzusetzen. Die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit Queer soll somit kontinuierlich-beweglich bleiben.


Wen wir wo erreichen wollen

Das Projekt ist offen und prozessual konzipiert, weshalb wir uns bewusst dafür entscheiden, keine bestimmte Zielgruppe zu definieren. Für die geplanten Veranstaltungen wollen wir öffentliche und institutionelle Räume inhaltlich erschließen und diese möglichst barrierefrei gestalten.


*reality*show*

Unser kooperatives Projekt, für das wir kein Drehbuch schreiben, sondern unabhängig auf inhaltliche Impulse reagieren möchten, nennen wir *reality*show*. Der Titel, dem asymmetrische Sterne als Platzhalter für Sinnvervielfältigung ebenso zwischengeschaltet sind wie unserem Sprachgebrauch für die Bezeichnung von Personen, vermittelt zunächst, dass die uns umgebende Wirklichkeit eine gesellschaftlich etablierte Vorführung von Konventionalismen eines monotonen Wertesystems ist, eine verallgemeinerte Illusion, wohingegen jeder Mensch seine Wirklichkeit als anders zusammengesetzt empfindet und betrachtet.
Im Verlauf der geplanten Veranstaltungen sollen abweichende Bedeutungen von Realität unserem bisherigen Verständnis vermeintlicher Tatsachen zuwachsen. Wir wollen einerseits versuchen, die Diskrepanz zwischen dem gesellschaftlich propagierten Normensystem und den existierenden individuellen Lebenskonzepten aufzuzeigen, und wir möchten andererseits ein Projekt entwickeln, das die tatsächliche Vielfalt und Vielschichtigkeit des Einzelnen darzustellen vermag. Ziel ist es, einen Raum zu schaffen, in dem die Existenz aus dem Korsett vorstrukturierter Rahmenbedingungen gelöst werden kann und zu schimmern beginnt.


Interesse am Projekt? Lust auf Mitmachen?
Queer@stura.uni-leipzig.de