07a Die Akteure der sozialen Revolution

Die Akteure der Sozialen Revolution


Die Vorgeschichte – Organisierung und Widerstand unter der Monarchie

Im Winter 1868/69 begab sich Fanelli, Anhänger der Bakunis­tischen Fraktion der 1. Internationale nach Spanien, um Mitglieder für die 1. Internationale zu gewinnen.

„Diese Zentren revolutionärer Aktivität Barcelona und Madrid verbreiteten den anarchistischen Gedanken durch Reden, Diskussio­nen, Treffen und durch deren eigene Zeitungen, allen voran `La Solidaridad’ (deutsch: Die Solidarität). Noch schneller als in den Städten verbreiteten sich die anarchistischen Ideen bei der Land­bevölkerung, von denen viele durch weitreichende Landreformen in existenzielle Nöte geraten waren.“ (1) „Spanien war … vorwiegend bäuerlich … und von einer ungeheuerlichen sozialen Ungleichheit geprägt. Von 11 Millionen Erwerbstätigen mußten 1931 ca. 8 Millio­nen zu den ‘Armen’ gerechnet werden, demgegenüber stand eine Schicht von Wohlhabenden, die sich zumeist aus parasitären Ele­menten (Geistliche, Militärs, Großgrundbesitzer, reiche Großbürger, aufgeblähter Bürokratieapparat, etc.) zusammensetzte. Einer kleinen Schicht von Großgrundbesitzern gehörte fast das gesamte Land.“ (7)
Nach nur 1 ½ Jahren gab es 150 Sektionen mit 40.000 Mitgliedern, die stärkste in der Industriestadt Barcelona.
„Der Anarchismus stellte in Spanien 70 Jahre lang eine bedeutende revolutionäre Kraft dar. … In keinem anderen Land der Erde hat die anarchistische Bewegung eine ähnliche Bedeutung wie in Spanien erlangt; die Anarchisten waren nicht nur die zahlenmäßig stärkste Fraktion der spanischen Arbeiterbewegung, sondern auch die militanteste.“ (2, S.10)


Die Vorgeschichte – Die Republik 1931 bis 1936

Die erste Republik war fast von Anfang zwischen der Rechten und der Linken umkämpft. „1932 fand ein erster Putsch statt, der nur schlecht ausgeführt und durch einen anarchistischen Generalstreik vereitelt wurde.“ (3) Bei den Wahlen im Dezember 1933 setzten sich das Bündnis rech­ter Parteien durch, „amnestierte die Putschisten, machte die Reformen rückgängig und verschärfte die Situation der Lohnabhängigen.“ (3) Ein von den Sozialist_innen 1934 ausgerufener Aufstand war besonders in Asturien stark von Anarchisrt_innen getragen. General Franco metztelte den Aufstand in Asturien nieder. „Die Bilanz … 13.000 Tote und 30.000 Gefangene.“ (7) Als Reaktion auf den Auf­stand wurde im „Oktober 1934 … die syndika­listische CNT verboten, ihre Lokale geschlossen.
Ihre Militanten haben sie in die Gefängnisse werfen lassen, ihre Verteidigungsgruppen entwaffnen lassen.“ (4, S.65) Der PCE setzte 1935 auf die Volksfront, das Bündnis mit den bürgerlichen Parteien. Obwohl die Volksfront ein bürgerliches Programm vertrat, unterstützten POUM und PSOE die Volksfront gegen die Rechte Regierung und die Anarchist_innen verzichteten auf einen Wahlboykott. Entscheidend dafür war ein radikaler Punkt im „Programm – die Befreiung der politischen Gefangenen.“ (7) Bei den Wahlen am 16.2.36 siegte die Volksfront knapp.

Viele Arbeiter_innen in Stadt und Land sowie die CNT-FAI agierten offen gegen die bürgerliche Poltik der Volksfront. „In den Monaten nach dem Aufstieg der Volksfront an die Macht brachen in ganz Spanien Streiks, Demonstrationen und Rebellionen aus. Über das ganze Land hinweg wurden nahezu fünf Quadratkilometer Land durch Besetzer übernommen.“ (1) „Die junge faschis­tische Partei, die Falange, übte gezielten Terror aus … Währenddessen planten die Offiziere nahezu öffentlich den Putsch.“ (3) „Die Volksfrontparteien begannen die Kontrolle zu verlieren.“ (1) Der faschistische Militärputsch unter Franco begann am 17. Juli 1936 in Marokko und löste die Soziale Revolution und den Bürgerkrieg aus.

Die Anarchosyndikalist_innen – die CNT

„Während des Bürgerkrieges hatte die 1910 gegründete, stark anarchistisch beeinflußte revolutionär-syndikalistische Confederaciön Nacional del Trabajo (CNT) zwischen zwei und drei Millionen“ (2, S.10) Mitglieder. „Der spanische Anarcho-Syndikalismus war die Antwort auf die Industrialisierung und ökonomische Konzentration im beginnenden 20. Jahrhundert.“ (2, S.19) Die CNT hatte unter den ungelernten, oft aus dem Süden nach Katalonien eingewanderten Hilfsarbeiter_innen den größten Einfluss.
Bereits im Februar formulierte die CNT in einem Manifest die Perspektive „ Faschismus oder soziale Revolution“ (2, S.49) Der große CNT-Kongress in Zaragoza im Mai 1936 verabschiedete den „einzige[n] gemeinsame[n] Programmentwurf aller Flügel des spanischen Anarcho-Syndikalismus über den Aufbau einer herrschaftsfreien, nachrevolutionären Gesellschaft. “ (2, S.49)

„Die Revolutionskonzeption der CNT beinhaltete – neben gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zielen – vor allem eine Änderung der Situation des einzelnen Menschen. Ausgangspunkt aller libertären Überlegungen war das Individuum, dessen Verhältnis zu seinen Mitmenschen durch das Prinzip der Solidarität bestimmt wurde. In ihrer an Kropotkin orientierten antidarwinistischen Anthropologie betonten die spanischen Anarchisten, daß der Mensch von Natur aus nicht schlecht sei; dementsprechend müßten in ihrer Revolution die »persönlichen Werte«, die »Güte« und »Ehrlichkeit« des einzelnen hervortreten “ (2, S.49)
Das Konzept zielte ökonomisch auf die „Abschaffung des privaten Eigentums an Produktions­mitteln“ (2, S.48), die Abschaffung von Handel und Geld (2, S.118), und die Aufhebung der Arbeitsteilung zwischen Kopf- und Handarbeit. Die Schulen fiel nach dem Ansatz „Francisco Ferrers die Aufgabe zu, den Menschen bei der Bildung eigener Ansichten zu helfen“ (2, S.48). Bildungspolitisch wurde außerdem „die Notwendigkeit einer schulischen Sexuälerziehung“ (2, S.48) und ein „Feldzug gegen das Analphabetentum“ (2, S.48) gefordert. „Die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Prinzip der freien Liebe, aber auch die Anwendung biologisch-eugenischer Prinzipien“ (2, S.48) waren weitere libertäre Programmpunkte.
„1936 entschied die CNT, nach etlichen Widerständen, mit der Regierung von Largo Caballero zusammenzuarbeiten. Juan García Oliver wurde Justizminister (er ließ gesetzliche Gebühren / Staatsgebühren verringern und alle Kriminalunterlagen zerstören), und Federica Monseny wurde Gesundheits­ministerin, um einige wenige Mitglieder zu nennen.
Während des Spanischen Bürgerkrieges kritisierten viele Anarchisten außerhalb Spaniens die Führungsrolle der CNT in der Regierungsbeteiligung und die Kompromisse mit kommunistischen Elementen auf republikanischer Seite. Es stimmt, dass die anarchistische Bewegung in jenen Jahren viele ihrer Prinzipien aufgab, jedoch befanden die Spanier, dass dieses eine zeitweise Anpassung sei, und wenn erst Franco geschlagen sei, werde man mit der freiheitlichen Weise fortfahren.“ (1) Zunehmend wurden anarchistische Grundsätze „auf dem Altar einer als ‘realistisch’, ‘erforderlich’ und ‘effizient’ bezeichneten Entscheidungszentralisation“ (2, S.308) geopfert. Bernecker schreibt: „Der Einheitspakt vom März 1938 zwischen zwischen den Gewerkschaften ist eines der aufschlussreichsten Dokumente für die Preisgabe libertärer Grundpositionen durch die CNT.“ (2, S.315)


Die Anarchosyndikalist_innen – die Treintistas

„Während der Diktatur Primo de Riveras (1923-1930) hatte … sich … innerhalb der im Unter­grund operierenden CNT eine »reformistische« Strömung entwickelt, die zum Sturz des Diktators eine Zusammenarbeit mit republikanischen Parteien und Oppositionsgruppen befür­wortete.“ (2, S.41-42) 1931 führte dies zur Spaltung der CNT. „Die gemäßigte anarcho-syndikalistische Gruppe Kataloniens, die syndikalistischen ‘treintistas’, rekrutierte ihre Gefolgschaft zum größten Teil – soziologisch betrachtet – aus Facharbeitern.“ (2, S.20) Hier waren alteingesessene Katalanen in der Mehrheit und in den Syndikaten wurde Catalan gesprochen. Auf dem Kongress in Zaragossa im Mai 1936 traten fast alle wieder der CNT bei.(2, S.114)

Die Anarchist_innen – die FAI

Die anarchistische Federaciön Anarquista Iberica (FAI) wurde 1927 gegründet und hatte 1936 über 150.000 Mitglieder. In der FAI hatten theoriefeindliche Anhänger_innen Bakunins großen Einfluß. Insbesondere der linke Flügel war an putschistisch-revolutionärer Praxis orientiert.
„So beteiligte sich oder initiierte die FAI beständig Aufstände in den verschiedensten Dörfern und Regionen, in denen dann für Tage oder Wochen der libertäre Kommunismus ausgerufen wurde. All diese Aufstände wurden von der Staatsgewalt blutig niedergeschlagen.“(7)

Bereits auf der Gründungsversammlung wurde „vorgeschlagen, die Propaganda und die Verbin­dung zu den Dörfern zu fördern“ (2, S.99). Vom Anspruch her war die FAI sehr offen, es wurde „jeder Gruppe freistellt, ihre Aufgabe oder Aktivitäten nach Gutdünken auszuwählen“ (2, S.99) und es sollten „verschiedensprachige, vegetarische etc. Strömungen, naturistische, esperantistische etc. Gruppierungen innerhalb“ (2, S.99) der FAI gebildet werden.
Bernecker stellt aber auch Widersprüche heraus, so bestimmte die kleine FAI ab 1933 die Politik der großen CNT.

Der Agraranarchismus

„Die Grenze zwischen dem Gebiet der Latifundien und dem der Kleinst- und Mittelbetriebe war dieselbe, die das Spanien der Agrarrevolution vom Spanien des ländlichen Konservativismus trennte. Die Unzufriedenheit der landlosen Agrarbevölkerung sowie die daraus resultierende latente Neigung zu Revolten und Umstürzen, von denen die Umverteilung des Eigentums und die Aufteilung (re-parto) des Großgrundbesitzes erwartet wurden, … und … die große Kluft zwischen der Masse der Landbevölkerung und den oberen Schichten in bezug auf Einkommen, Erziehung und politische Partizipationsmöglichkeiten erklären zum Teil den außerordentlichen Erfolg des ländlichen Anarchismus und des revolutionären Agrarsozialismus in den latifundistischen Gebieten Andalusiens.“ (2, S.15) Auch gab es bis Mitte des 19. Jahrhunderts „eine jahrhunderte­lange, funktionierende Tradition … der bäuerlichen Dorfgemeinschaft (pueblo), die selbstverwaltet war und auf Kollektivismus und Gleichheit beruhte, … die für Witwen und Waisen, Alte und Kranke“ (7) sorgte.
„Der spanische Anarchismus enthielt als atavistische Utopie … viele Elemente des »Anti-Modernismus«: Mittelalterliche gesellschaftliche Praktiken und frühneuzeitliche Kommunen, wie es sie im 16. und 17. Jahrhundert gegeben hatte, sollten wiedereingeführt werden; der von Technik und Bürokratie bestimmte Gesellschaftszustand der modernen Industriewelt wurde abgelehnt, wenn auch die Forderung nach Dezentralisierung und Selbstverwaltung von den anarchistischen Theoretikern nicht als Widerstand gegen den wirtschaftlichen Fortschritt oder als Aufruf zur Rückkehr in die vorindustrielle Zeit gedacht war. Die Landarbeiter und Handwerker Andalusiens scheinen die anarchistische Lehre aber in diesem Sinne aufgefaßt zu haben.“ (2, S.19)
„Im Winter 1936/37 gab es auf republikanischem Territorium über 1500 landwirtschaftliche Kollektive; 450 davon lagen in Aragonien, wo sie 300.000 Personen und über 70 Prozent des bewirtschafteten Bodens umfaßten. … Im August 1938 waren nach Angaben des Instituts für Agrarreform 2213 Kollektive legalisiert“ (2, S.205) (ohne Katalonien, Aragonien und die Levante).
Dabei gingen die Anarchist_innen einen liberztären Weg. „Wenn die M;ehrheit oder auch nur ein Teil der .. Dorfbevölkerung diese Überzeugung nicht teilt, dann respektieren die Bewirtschaftung der der Kleinbesitze … und beschlagnahmen nur den Großbesitz.“ (2, S.248) „Wir sind der Überzeugung, dass wir das, was wir durch Zwang vielleicht erreichen könnten, durch das Beispiel erlangen werden.“ (2, S.247)

Die Anarchist_innen – die Mujeres Libres
„Die Idee zu der Organisation »Mujeres Libres« entstand in dem kleinen Kreis der Herausgeberinnen der gleichnamigen Zeitschrift, die im April 1936 erstmalig erschien.“(5, S.6) 1935 hatten sie bereits u.a. eine Artikelserie in der „anarchistischen ‘Solidaridad Obrera’ … mit dem Titel ‘Die Frauenfrage in unseren Kreisen’ “(5, S.6) veröffentlicht. Im September 1936 schloß diese Vereinigung »Grupo Cultural Femenino« aus Barcelona sich ‘Mujeres Libres’ an. Von den beiden Zentren … aus breitete sich die Organisation schnell über den größten Teil des freien Spanien aus.“(5, S.7) „Die Gruppe existierte nur drei Jahre, zählte in dieser Zeit aber mehr als 20.000 Mitglieder.“(6)
Die „’Mujeres Libres’ waren sich des Widerspruchs zwischen der anarchistischen Theorie zur Frauenfrage und deren praktischer Umsetzung bewußt. Sie kritisierten: „Nicht mehr die ‘weibliche Minderwertigkeit’, sondern die ‘Verschiedenheit der Geschlechter’ diene als Argument.“(5, S.7) und „Ihr verzichtet auf die direkte Beteiligung einer intelligenten Frau und zieht dafür einen vielleicht unfähigen Sohn vor.“(5, S.7) „Wichtig war ihnen den Mujeres Libres Bildung und Ausbildung, Frauen bessere Möglichkeiten zu verschaffen. Andrerseits wollten sie die Frauen natürlich auch für den Anarchosyndikalismus gewinnen.“(6)

Nach heutigen Erkenntnissen war die Kritik der »Mujeres Libres« aber noch sehr beschränkt, so forderten sie „als erste Pflicht der Frau … die Erwerbs-Arbeit.“(5, S.16), akzeptierten aber „das Primat der Kindererziehung in der Familie“(5, S.14) ohne die Doppelbelastung zu themati­sieren und blieben mehrheitlich „tradierten Geschlechterrollen … zu den weiblichen Aufgaben im Krieg“(5, S.18) verhaftet. „Anfangs gab es sogar eine eigene Kolonne, die ‘mujeres libres’ hieß. … Als die Volksfrontmilizen aufgelöst und in ein ordentliches Heer umgewandelt [wurden, wurde} Frauen … verboten mit der Waffe an der Front zu kämpfen.“(6)

„Trotzdem sind die Klagen über den Machismo auch der anarchistischen Männer und über deren mangelndes Engagement für die Frauenfrage nicht zu übersehen. … Es gelang »Mujeres Libres« auch nie, ‘die Anerkennung als vierte eigenständige Kraft neben CNT, FAI und der Libertären Jugend zu erreichen; ihre diesbezüglichen Forderungen wurden mit der Begründung, sie stellten ein Element der Zwietracht und Ungleichheit innerhalb der anarchistischen Bewegung dar, abgelehnt.“(5, S.20)

Die Trotzkist_innen und Linkskommunist_innen der POUM

Der POUM, Partido Obrere de Unificacion Marxista, entstand erst 1935 aus der Vereinigung vom „Arbeiter- und Bauern-block (Maurín) und eine® trotzkistische Gruppe (Nin). “(2, S.178) Der POUM erwartete in den Städten eine sozialistische, auf dem Land, wo er nie Fuss fassen konnte, eine bürgerliche Revolution. “In Übereinstimmung mit der CNT proklamierte der POUM die Alter­native: Faschismus oder Sozialismus.“(2, S.50)
Das autoritäre Potential der POUM wird im folgenden Programm-Auszug deutlich: „Alle beste­henden Gewerkschaften, die sich zum Klassenkampf bekennen, müssen sich zusammen­schließen und auf lokaler Ebene eine einzige Industriegewerkschaft, eine einzige Lokalföderation, sowie landesweit eine Einheitsgewerkschaft bilden. Schließlich ist eine einzige Revolutionäre Marxistische Partei vonnöten.“(2, S.120)

Andererseits erklärten sie im März 1937: „Im Verlauf der Jahre haben sich die beiden ’marxis­tischen’ Parteien PCE und PSOE, die zu anderen Zeiten international unversöhnlich waren, zusammengefunden, durchdrungen von demokratischer, reformistischer, konterrevolutionärer Politik. Zwei Richtungen dagegen, die traditionell unversöhnlich waren, die revolutionär-marxis­tische (POUM) und die bakunistische (FAI), haben eine ähnlichere Auffassung über die konkreten Ziele und Perspektiven der Revolution.“(2, S.186-87)

Das Abkommen von FAI / CNT und UGT / PSUC vom 22.Okt.1936, in dem die Anarchist_innen erstmals auf die Sozialisierungen verzichteten, interpretiert der Schweizer Trotzkist und Interbri­gadist „bereits im Dezember 1936 als Block gegen den POUM“.(2, S.306) „Schon wenige Monate später stellte Thalmanns Prophezeiung .. als richtig heraus: `Das politische Unverständnis der Anarchisten verhinderte sie, zu sehen, dass mit dem Kampf gegen den POUM der Kampf gegen die Revolution begonnen hatte’.“ (2, S.3067)


Die Sozialistischen Gewerkschafter_innen der UGT

Die Union General de Trabajadores (UGT) wurde 1888 gegründet. „In den Jahren der Zweiten Republik (1931-1936) wurde der von Francisco Largo Caballero gesteuerte UGT-Kurs zusehends radikaler; als die Republik 1933/34 eine deutliche Rechtsschwenkung vornahm, setzte sich die UGT-Führung für die sofortige Durchführung einer sozialen Revolution mit dem Ziel der Diktatur des Proletariats ein.“(2, S.10) Als „entschiedene Befürworter der Revolution … hatte die UGT wäh­rend des Krieges erheblichen Zulauf.“(2, S.12)

Auch die UGT betrieb zahlreiche Kollektive in den Städten und auf dem Land. Der zentrale Unterschied war: „In den meisten von UGT-Mitgliedern gegründeten Kollektiven wurde das Lohnsystem beibehalten; es wird nach geleisteter Arbeit bezahlt.“ (2, S.257) Große Teile der UGT lehnten im Okt. 1936 das Nationalisierungsdekret der Volksfront-Regierung ab. (2, S.194) , andererseits gerieten große Teile der UGT zunehmend unter Einfluss der Stalinist_innen. Die CNT warf der katalanischen UGT vor aus den indifferentesten, bislang jedem Klassenkampf fernbleibenden fernbleibenden Teilen der Arbeiterschaft.

Der Aufstand der faschistischen Generäle

„Am 17. Juli 1936 brach der seit langem vorbereitete Aufstand aus.“(7) „Der Generalstreik der beiden großen Gewerkschaften UGT … und … CNT …, sowie die Bewaf­fnung der Menschen, die die Soziale Revolution anstrebten, ließen den Militärputsch Franco`s scheitern.“(9) Zwischen dem 19. und 21. Juli wurde deutlich, dass der faschistische Putsch in ca. der Hälfte Spaniens nieder­geschlagen worden war.
„In den Gebieten, in denen sie triumphierten, ließen die Arbeiter sich die historische Chance zur proletarischen Revolution nicht entgehen, sie hatten ihr Leben verteidigt,
sie hatten ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen.“(7)


Die Soziale Revolution

„Diese Gewerkschaften CNT und UGT verwandelten sich nach dem 19. Juli 1936 in Produk­tions- und Verteilungsgemeinschaften. Zwang zum Beitritt in die Kollektive wurde (in den meisten Fällen, Anm. Anarchia) nicht ausgeübt. Die jahrzehntelange Vorbereitung trug Früchte.“(9) „Die anarchistische Kommunen produzierten mehr als vor der Kollektivierung. Insbesondere im Rüstungssektor gelang eine hohe Steigerung der Produktivität. Statt 25 Fabriken im September 1936 arbeiteten im Juli 1937 300 Betriebe mit einer Gesamtbelegschaft von 150.000 Arbeitern in der Kriegsindustrie, wo die Produktion um 30-40 % stieg. Auch im Dienstleistungsssektor war eine große Produktivitätssteigerung zu verzeichnen, hier sind besonders die Verkehrsbetriebe Barcelonas zu erwähnen.“(1)

„In der Landwirtschaft setzte die Soziale Revolution nicht erst mit Kriegsbeginn ein; sie griff bereits unmittelbar nach den Volksfrontwahlen im Februar 1936 um sich.“(2, S. 192) „Sobald jedoch Anfang September 1936 der Kommunist Vicente Uribe das Landwirtschaftsministerium über­nahm, begannen die bis zum Kriegsende nicht mehr endenden Auseinandersetzungen zwischen der Regierungspolitik einerseits und den kollektivistisch-sozialistischen Organisationsformen der gewerkschaftlich organisierten Landarbeiter andererseits. “(2, S. 193) Im weiteren Kriegsverlauf bekämpfte die PCE die Kollektive gar mit Waffengewalt. (2, S. 197)

„Vergleicht man das sowohl in Katalonien als auch im übrigen republikanischen Gebiet schließlich entstandene Wirtschaftssystem mit den ursprünglichen Vorstellungen der Anarcho-Syndikalisten von ‘syndikaler Ökonomie’ und ‘gewerkschaftlicher Sozialisierung’ durch die Arbeiter ohne staatkliche Eingriffe ist offensichtlich: (2, S. 313)


Die Rolle der Volksfront Regierungen der Sozialist_innen von der PSOE und der Stalinist_innen von PCE und PSUC

„Zu den Gegnern der Revolution entwickelten sich sehr schnell die Parteien der Volksfront, die (aus im einzelnen sehr unterschiedlichen Gründen) zu Verfechtern des Privateigentums und der Interessen des Mittelstandes und des Kleinbürgertums wurden. An der Spitze dieser antirevolu­tionären Bewegung stand der kominterntreue Partido Comunista. de Espana (PCE) bzw. in Katalonien die (ebenfalls stalinistische) Regionalpartei Partit Socialista Unificat de Catalunya (PSUC).“(2, S.11)
„Die Anziehungskraft der Kommunisten resultierte aus ihrer revolutionsfeindlichen Einstellung, was sich auch in der sozialen Zusammensetzung der Parteimitglieder niederschlug. Diese ent­stammten … vor allem dem Militär- und Verwaltungspersonal, dem Kleinbürgertum, wohlhaben­deren Bauerngruppen, Angestellten und erst an letzter Stelle der Industriearbeiterschaft.“(2, S.12) „Der von den Anarchisten und Linkssozialisten sowie dem POUM hervorgehobene soziale Inhalt des Krieges (als Klassenkampf) wurde vom PCE verleugnet. “(2, S.12) Der erste wichtige Schritt war das Enteignungs- und Nationalisierungsdekret vom 7. Oktober 1936. “ (9) „Dieses Dekret verschaffte dem Staat – und das heißt: den Kommunisten, die über das Landwirtschaftsministerium die Entwicklung auf dem Agrarsektor kontrollierten, umfangreiche Ländereien, womit die spontane, zumeist von Anarchisten und Sozialisten getragene, sich jeglicher Staatskontrolle entziehende Kollektivierung, wollten die Kollektivist(Inn)en nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen in Konflikt geraten, ihr Ende finden mußte. Die spontane Kollektivierung von unten wurde abgelöst durch die Verstaatlichung und die Möglichkeit einer Kollektivierung von oben.“ (2, S.193-94)

Die wichtigsten Schritte zur Eindämmung der Sozialen Revolution waren sicherlich die Mai-Ereignisse 1937, die Übernahme der Kontrolle über die kriegswichtige Industrie sowie die Auflösung der Volksfrontmilizen und ihre Umwandlung in ein ordentliches Heer.

Die Mai Ereignisse 1937

„Die russische Zeitung Prawda verkündete bereits am 17. Dezember 1936: ‘Was Katalonien betrifft, so hat der Reinigungsprozess gegen Trotzkisten und Anarchosyndikalisten bereits be­gonnen; er wird mit der selben Energie durchgeführt werden wie in der Sowjetunion.’ Diesen Worten ließen die stalinistischen Vasallen und Geheimdienstagenten in Spanien Taten folgen – mit Folter und Ermordung wird gegen AnarchistInnen und linksoppositionelle KommunistInnen vorgegangenen. Auf der einen Seite der Barrikade stehen die AnarchistInnen von der … CNT, der … FAI und der ihnen nahestehenden Jugendbewegung (Juventudes Libertarias) mit den KämpferInnen der … POUM, auf der anderen die stalinistischen KommunistInnen …, die regio­nalistische Partei ‘Etat Katalonia’ und republikanische Kräfte.“ (8) Aus der Sicht der CNT stellte es sich im Febr. 1937 so dar, dass die Stalinist_innen der „POUM den Krieg erklärten auf Leben und Tod.“ (2, S.177-8)
„Kommunistisch geführte Polizeikräfte versuchten ein CNT-geführtes Telefongebäude in Barce­lona zu nehmen. Die Telefonarbeiter kämpften, errichteten Barrikaden und umzingelten die kommunistischen ‘Lenin-Baracken’. Fünf Tage Straßenkampf forderten 500 Tote.“ (1)
In dieser Situation vermittelt die Führung der FAI am 4.Mai 1937 ein Abkommen mit der Volks­frontregierung zur Beendigung der Kämpfe. „Die ‘Amigos de Durruti’ fordern am 5. Mai in Flugblättern die Fortführung der Kämpfe und die Verteidigung der Errungenschaften der sozialen Revolution in Spanien, sowie die Bildung einer revolutionären Junta bestehend aus CNT, FAI und POUM.“ (8) Sie werden „wenig später aus der CNT ausgeschlossen.“ (8) „Die Zentralregierung übernimmt schließlich die Verantwortung für die Ordnung in Katalonien. Entgegen Absprachen zwischen den anarchistischen MinisterInnen und der Zentralregierung laufen am 5. Mai republi­kanische Kriegsschiffe in Barcelona ein. Anarchistische Milizen, die ihren GenossInnen in Barce­lona von der Front zu Hilfe eilen wollen, werden hingegen von der CNT-Führung gestoppt.“ (8)

„Diese tragische Serie von Ereignissen demoralisierte die Arbeiter von Barcelona.“ (1) „Im nach­hinein wird die Position von führenden Vertretern … der FAI selbstkritisch als Fehler einge­standen.“ (8)


(1)wikipedia.org: Anarchismus in Spanien
(2)Walther L. Bernecker (Hrsg): Kollektivismus und Freiheit, dtv dokumente, München 1980
(3)deu.anarchopedia.org: Spanischer Bürgerkrieg
(4)Augustin Souchy: Brief aus Barcelona, Juli 1936, in: Medienwerkstatt Freiburg: Die Lange Hoffnung, TrotzdemVerlag, 1985
(5)Sabine Behn, Monika Mommertz: Mujeres Libres, Syndikat A Medienvertrieb 2006
(6)Interview mit Vera Bianchi, Textarchiv auf: http://www.anarchismus.at/
(7)http://projekte.free.de/schwarze-katze/texte/as20.html
(8)Die Maitage Barcelona 1937 – Konterrevolutionärer Mai, Textarchiv auf: http://www.anarchismus.at/

(9)Spaniens Kollektive 1936 – real, widersprüchlich und mythenbehaftet, Textarchiv auf: www.anarchismus.at



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