Geldfreie Ökonomie in der sozialen Revolution¶
I – Die theoretische Grundlage – Kropotkins kommunistischer Anarchismus
Kropotkin hatte Ende des 19. Jahrhunderts mit „Die Eroberung des Brotes“ eine radikale Kritik am Kapitalismus und an autoritär-kommunistischer Ökonomie formuliert. An Kropotkins kommunis-tischen Anarchismus wurde in der sozialen Revolution in Spanien vielfach angeknüpft. Der ökono-mische Kern der Schlussfolgerungen Kropotkins lässt sich auf drei zentrale Aussagen reduzieren: Die Kollektivierung der Produktionsmittel, die Orientierung an den Bedürfnissen, nicht an der Leistung der Menschen sowie, daraus folgend, die Abschaffung des Geldes.
Da „die Produktionsmittel das Kollektivprodukt der Menschheit sind, sollten die Produkte das Kollektiveigentum der menschlichen Rasse sein.“ (1, S. 26)
„Dass in Wirklichkeit wie im Prinzip alles allen gehöre und dass endlich in der Geschichte eine Revolution stattfindet, die an die Bedürfnisse des Volks denkt, ehe sie das Volk seine Pflichten lehrt.“ (1, S. 38)
„Hat eine Gesellschaft den gesamten sozialen Reichtum in Besitz genommen und das Recht eines jeden auf diesen Reichtum feierlich proklamiert, ganz gleich, wie groß der Anteil des Einzelnen an der Produktion des Reichtums gewesen sein mag, dann muss sie zwangsläufig auf jegliche Art von Arbeitslohn, sei es in Geld oder in Arbeitsgutscheinen, verzichten. “ (1, S. 190)
II – Diskussionen von spanischen Anarchist_innen zur Ökonomie
Leval kritisiert dieses Werk Kropotkins (2, S. 182) in einer Art und Weise, wo ich mich frage, ob er das selbe Buch gelesen hat. Er verweist auf Malatesta, der „wohl der erste {war], der Zweifel über die uneingeschränkte Durchführbarkeit dieses Prinzips geäußert hatte.“ (2, S. 182) Dabei äußert auch Kropotkin ausführlich und an Beispielen (1, Kap. V) begründet, dass Rationierungen in der sozialen Revolution notwendig sein werden (1, S. 78). Leval fasst die Positionen der spanischen Anarchist_innen zusammen: Sie reichten vom Gebrauch einer Währung über das Schwundgeld bis zur Kontrolle der „Verteilung durch gewerkschaftliche Genossenschaften.“ (2, S. 182)
„In führenden Anarchistenkreisen der Städte ist man allerdings der Meinung, dass diese primitive Abschaffung des Kapitalismus durch die Landkollektive doch einige praktische Schwierigkeiten mit sich bringen würde, zumindest eine unerträgliche Bürokratisierung. Dort denkt man an etwas Ähnliches, wie das vom deutschen Theoretiker Gesell erdachte ‘Schwundgeld’. Doch so weit ist es noch nicht. Vorläufig werden die Banken noch ‘kontrolliert’, bis auch auf diesem Gebiet eine Revolution stattfindet.“ (4, S.151)
Souchy stellt Gesell auf eine Stufe mit Proudhon, Marx und Kropotkin (3, S.16/17) „Die Forderung auf eine einheitliche Wirtschaftsform dagegen ist freiheitswidrig und öffnet den Weg zum wirtschaftlichen Totalitarismus. Die kapitalistische Wirtschaftsordnung selbst ist weit entfernt von konsequenter Einförmigkeit. Es gibt neben privatkapitalistischen Betrieben genossenschaft-liche, staatliche, nationalisierte und internationale Unternehmungen. Die wirtschaftliche Mannig-faltigkeit an sich ist kein soziales Übel. Sie ist der Ausdruck der Freiheit. Für die Wirtschaft hat das Nebeneinanderbestehen von Kollektiven und Privatunternehmungen keine nachteiligen Folgen. Eine einheitliche Zwangsform der Wirtschaft dagegen ist nur für einen totalitären Staat von Nutzen, dem Volke gereicht sie zum Schaden." (3, S.151/52)
Kurz: Eine klare als auch eine radikale Position sehen anders aus!
III – Kommunistischer Anarchismus im Konflikt mit staatlicher Ordnung der Republik
„Nachdem die landlosen Agrararbeiter des latifundistischen Südens in den zwei Jahren der Rechts-Regierung (1934-1936) wieder von den Ländereien vertrieben worden waren, die sie nach den Bestimmungen des Agrarreformgesetzes von 1932 übertragen bekommen hatten, ließ der neue linksrepublikanische Landwirtschaftsminister Mariano Ruiz Funes im Frühjahr 1936 ausgedehnte Ländereien beschlagnahmen und Landarbeiter darauf ansiedeln. Parallel dazu fanden in vielen Provinzen Andalusiens und Kastiliens Hunderte illegaler Landbesetzungen statt, die in ihrer Mehrheit sehr schnell von der Regierung Azana legalisiert wurden.“ (5, S.192) „Sobald jedoch Anfang September 1936 der Kommunist Vicente Uribe das Landwirtschaftsministerium übernahm, begannen die bis zum Kriegsende nicht mehr endenden Auseinandersetzungen zwischen der Regierungspolitik einerseits und den kollektivistisch-sozialistischen Organisationsformen der gewerkschaftlich organisierten Landarbeiter andererseits.“ (5, S.193)
„Der erste Großangriff fand in der Levante … im März 1937 statt. Die Angreifer … verfügten über eine Artillerieeinheit mit vielen MGs und Panzerwagen, die eine bessere Anwendung an der Front gefunden hätten (in der Gegend von Gandia wurden 18 Panzer gezählt und 13 in der Region von Alfara del Patriarca).“ (2, S.325) Der Widerstand hielt die Truppen trotzdem auf. „Durch die Vermittlung der CNT-Führer wurde dem Kampf ein Ende gesetzt.“ (2, S.327)
Auch weiterhin aber „wurden der Bauernföderation in der Levante bei ihrer Arbeit zahllose Schwierigkeiten in den Weg gelegt. Gebäude der Föderation wurden beschlagnahmt, landwirt-schaftliche Produkte der Kollektiven konfisziert, Lastwagen der Föderation requiriert.“ (3, S. 157) Als im Juli 1937 „die vom Kommunisten Lister befehligte Brigade von der Front zurückkehrte , zerstörte sie … fast alle aragonischen Kollektivitäten mit Waffengewalt.“ (2, S. 116) „Das Endergebnis der antirevolutionären Offensive war, daß 30 % der Kollektivitäten völlig zerstört waren. In Alcolea de Cinca wurde[n] … die Insassen des Altersheimes vertrieben. … Die Genossenschaftsläden und die Lebensmittellager der Gemeinden wurden ausgeplündert und die Möbel zerstört. … Mehr als 600 Organisatoren der Kollektivitäten sind verhaftet worden. … Fast überall entstanden neue Kollektivitäten, aber sie waren weit davon entfernt, ihren früheren Entwicklungsstand zu erreichen.“ (2, S. 332)
Offiziere des Kriegsministeriums sabotierten sogar die Rüstungsproduktion anarchistischer Kollek-tive. (2, S. 329)
IV a – Der Agrar-Kollektivismus während der Republik
„Der moderne Kollektivismus in Spanien setzte im Kleinen bereits vor dem 19. Juli 1936 ein. Ein Beispiel dafür bot die Bauernkollektive in Gandia, einem Orte in der Provinz Valencia. Dort hatten mehrere Bauern Anfang der dreißiger Jahre damit begonnen, ihren Grund und Boden gemein-schaftlich zu bebauen. Sie errichteten eine kollektive Geflügelfarm und eine Kollektivschneiderei für Frauenkleider. Die Kleider wurden in den umliegenden Dörfern verkauft und der Erlös kam der Gemeinschaft zugute. Die Kollektive bestand aus dreißig Personen, verfügte über gemeinsame Landwirtschaftsgeräte, gemeinsamen Viehbestand, einen Lastkraftwagen und fünf Nähmaschinen. Die Kollektivisten hatten ein höheres Lebensniveau als die Mehrzahl der Kleinbauern des Ortes. Sie hatten sich durch ihr solidarisches Verhalten die Sympathien der Bevölkerung erworben. … Diese kleine Kollektive in Gandia wurde zum Schrittmacher der großen kollektivistischen Bewe-gung nach der Niederschlagung des Franco-Putsches in der Levante.“ (3, S. 154)
In Navamoral, im Norden Aragons fand auf dem Land des Marquis von Commillas, dem wohl reichsten Mann Spaniens, wenige Monate vor Ende der Diktatur Primo de Riveras, die erste längerfristig erfolgreiche Besetzung statt. „Im Januar 1931 bemächtigen sich die Landarbeiter und die armen Bauern der Güter des … ständig unbebauten Bodens, den sie seit jeher begehrt haben. Massenhaft zusammengekommen, fangen sie an, die Felder zu bestellen, von Unkraut zu säubern und zu besäen. Die Zivilgarde greift ein, sie tun, als ob sie nachgeben würden und gehen mit dem Vieh, den Pflügen und Ackergeräten weg. Die siegreiche Zivilgarde bleibt da, aber die Bauern, anstatt nach Hause zurückzukehren, gehen in die andere Dorfecke auf ein anderes Gut und fangen mit derselben Arbeit noch einmal an. Die Frauen und die Kinder bringen ihnen zu essen und zu trinken und halten auf den Straßen Wache, um ihnen das Anrücken des Feindes zu melden, der es schließlich müde wird Versteck zu spielen und die Bauern den Gewinn ihrer Niederlassung genießen |ässt.“ (2, S. 49) Nach Ausrufung der Republik wird ein Prozess gegen die Beset-zer_innen angestrengt, erneut „greift die Zivilgarde mit ihren Gewehren ein“ Im dritten Jahr in Folge werden „die besetzten Felder .. weiter kollektiv gepflügt, die Beziehungen aber immer gespannter.“ (2, S. 50)
Lokale Aufstände, die den libertären Kommunismus kurzzeitig ausriefen, waren zahlreich. Als Bei-spiel der „Aufstand des 18. Januar 1932 im Grubengebiet von Alto Llobregat y Cardoner (Katalo-nische Pyrenäen): … Die Anarchosyndikalisten in Figols und Sallent erklärten den libertären Kommunismus, die Abschaffung jedes Privateigentums und der Geldzirkulation in ihren Dörfern. Innerhalb von fünf Tagen wurde die revolutionäre Arbeiterbewegung nach erbittertem Kampf zer-schlagen. Das letzte Bollwerk der Revolution, Cardoner, fiel am 22. Januar.“ (6, S. 7-8)
IV b – Der Agrar-Kollektivismus in der sozialen Revolution
„Die sozialen Veränderungen nach dem 19. Juli charakterisierten sich durch ihre Mannigfaltigkeit. Es gab keine Befehle von oben, alles erfolgte durch direktes Eingreifen der Bauern. Vierhundert-fünfzig Dörfer führten eine neue soziale Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung ein. Mehr als eine halbe Million Bauern veränderten freiwillig ihre Eigentumsverhältnisse, ihre Arbeitsweise und das soziale Regime. …
In der Regel fanden allgemeine Dorfversammlungen statt, wo die Bauern beschlossen eine Kollektive zu gründen. Grund und Boden wurde als Gemeindeeigentum erklärt. Die Feldfrüchte wurden in das Gemeindehaus gebracht. Die Dorfversammlung war souverän. Sie beschloß, was im Dorfe bleiben und was zum Austausch bestimmt und versandt werden sollte. Alle Arbeiten wurden als gleichwertig erklärt. Was der Boden durch die Arbeit der Bauern hervorbrachte, sollte unter alle gleichmäßig verteilt werden. Die allgemeine Richtlinie war: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.“ (3, S. 131/32)
Typisch sind Aussagen wie die Folgenden: „Bei ihrem Beitritt bringen die Mitglieder alle ihre Güter: Felder, Ackergeräte, Zugtiere, ihr Geld und verschiedene Werkzeuge in die Kollektivität ein.“ (Satzung der Kollektive von Salas Altas, 2, S. 207) „Alle Dorfbewohner können, ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Lage, aus freiem Beschluß der Kollektivität beitreten, sofern sie der hier festge-setzten Satzung zustimmen. … Alle Individuen beiderlei Geschlechts über 15 Jahre sollen für die Kollektivität arbeiten; ausgenommen sind Personen über 60 Jahren sowie Behinderte und Kranke, es sei denn, daß ihre körperliche Verfassung es ihnen erlaubt, leichte Arbeiten für die Kollektivität zu verrichten. … Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist völlig abgeschafft und folglich jede Form der Pacht, der Halbpacht und der Lohnabhängigkeit. Diese Maßnahme gilt für alle Ortseinwohner, gleich welchen Standes.“ (Grundverfassung der Kollektive von Pina de Ebro, 2, S. 210) „Wie man sieht, folgte die Soziale Revolution… nicht aus einem Beschluß der CNT-Führungs-organe oder aus den Parolen der Militanten oder Agitatoren, … die fast nie ihrer historischen Aufgabe gewachsen waren. Sie geschah auf eine spontane … Weise, … weil eine zahlreiche, aktive und mächtige, von einem Ideal geführte Minderheit in diesem Volk und als Teil von ihm vorhanden war, die einen zur Zeit Bakunins und der 1. Internationale begonnenen Kampf durch die Geschichte fortsetzte. Weil an unzähligen Stellen sich Menschen und Kämpfer fanden, die seit Jahrzehnten konstruktive, konkrete Ziele mit der ihnen eigenen Gabe für die schöpferische Initiative und den für die lokalen Bedingungen unerläßlichen praktischen Sinn verfolgten und deren Erneuerungsgeist eine Art kräftige Hefe darstellte, die in den entscheidenden Momenten die Richtung und das Ausmaß der Sozialen Revolution bestimmte. Die Situation war also revolutionär sowohl durch den Willen der Menschen als auch durch die Macht der Ereignisse.“ (2, S. 75)
„Ein spanischer Kollektivist hat eine andere Einstellung als ein französischer, englischer oder deutscher Sozialist. Wer sich auf dem Lande in Aragonien einer Kollektive anschließt, verzichtet auf sein Privateigentum und sogar auf Privateinkommen. Sein ganzes bisheriges Leben verändert sich.“ (3, S. 150)
Die Möglichkeit der Einführung einer geldfreien Ökonomie waren in abgelegenen Gebieten, in denen der republikanische Staat nur geringen Einfluss hatte, am besten. In der Provinz Valencia mit der Levante, dem Regierungssitz, waren sie am schlechtesten. Dort wurden „die Rationierung und der Familienlohn wurden auf Bezirksebene eingeführt, wobei die reicheren Dörfer den ärmeren bzw. weniger begünstigten Dörfern halfen“ (2, S. 145) Häufig sind Mischformen, bei denen nur das, was vor Ort hergestellt wird, geldfrei zur Verfügung gestellt wird. Die Kriegssituation machte eigentlich überall bald Formen der Rationierung notwendig.
Kennzeichnend war in fast allen Fällen die Freiwilligkeit des Beitritts zur Kollektive. Die Anarchis-t_innen wollten durch das gelebte Beispiel überzeugen. Z.T. Scheint das gelungen zu sein. Für die Organisation der Schuhfabrik Alcorisas war ein ehemaliger „reaktionärer Unternehmer“ (2, S.127) zuständig, der gegenüber Leval „behauptete er, dass er sich von den Vorteilen der sozialisierten Produktion überzeugt habe,denn in dem alten, individualistischen System hätte man unmöglich ein Drittel von dem, was jetzt produziert wird, herstellen können.“ (2, S.127) „’Seitdem die Anarchisten an der Macht sind’, erklärte mir ein Handwerker des Ortes Mas De Las Matas – ein .Individualist’ – ‘ist das Ortsgefängnis leer. Die Zivilgarde ist nicht mehr da. Es gibt keine bewaffnete Ordnungs-macht und doch geht alles recht ordentlich zu. Jeder hat, was er benötigt. Die Freiheit wird uns nicht beschränkt. Meiner Meinung nach ist diese neue Ordnung besser als die alte war. Ich bin kein Politiker. Ich arbeite heute als selbständiger Handwerkmeister wie früher. Mein Kleinbetrieb und mein kleines Eigentum wurden mir belassen. Die öffentliche Sicherheit ist heute größer als früher.’ " (3, S. 142)
Auf dem CNT Kongresses von Caspe wurde bezüglich „des Umgangs mit Kleineigentümern wurde eine Resolution verabschiedet:
1. Da die Kleineigentümer, die außerhalb der Kollektivitäten bleiben wollen, sich für fähig halten, ihre Arbeiten ganz allein zu besorgen, werden sie die Vorteile der Kollektivität nicht genießen dür-fen. Ihr Recht darauf, so zu handeln, wird jedoch gewahrt, es sei denn, sie würden den Interessen der Kollektivität schaden.
4. Jeder außerhalb der Kollektivität gebliebene Kleineigentümer darf nur soviel Boden behalten, wie er selbst bestellen kann. Die Einstellung von Lohnempfängern ist strengstens verboten.“ (2, S. 83) Ähnliche Ansätze des Umgangs damit werden aus zahlreichen Orten beschrieben.
IV c – Der Agrar-Kollektivismus und Beispiele geldfreier Ökonomie
Albalate de Cinca, Dorf in Aragon, nahe der katalanischen Grenze
„Es wurde nicht viel überlegt, sondern man handelte rasch. Und nun lebt man nach dem neuen System schon ein ganzes Jahr. „Uns Armen geht es heute besser als früher", sagte eine alte Bäuerin des Dorfes. „Früher hatten wir Sorgen ums tägliche Brot. Heute bekommen wir gratis zu essen und vieles andere auch." (3, S. 147)
A. Souchy im Gespräch mit dem Dorfarzt „Wie werden Sie heute honoriert?" „Die Kollektive versorgt mich." „Sie haben doch aber auch andere Bedürfnisse als nur das Essen, Trinken und die Kleidung. Sie müssen sich doch hin und wieder Bücher anschaffen, Sie benötigen Instrumente usw." „Auch dafür sorgt die Kollektive. Das geht in ähnlicher Weise zu wie in einem städtischen Krankenhaus. Die Verwaltung hat für alles zu sorgen, was der Arzt braucht." (3, S. 148)
„Das kleine Dorf Albalate hat aus freien Stücken an die Bevölkerung des belagerten Madrids 10 Schlachtschweine, 500 Kilogramm Speck, 87 Hühner, 50 Kaninchen, zweieinhalb Tonnen Kartoffeln, 200 Dutzend Eier, sowie mehrere Säcke Erbsen und Bohnen gesandt. Die Militärintendantur erbot sich, diese Lebensmittel zu bezahlen, doch die Kollektivisten wiesen dieses Angebot zurück. Das Geld war doch für sie abgeschafft; die Solidarität an die Stelle des Handelsgeistes getreten.“ (3, S. 149)
Alcaniz, Aragon, ca. 75 km westlich der Ebro-Mündung
6000 der 8000 Einwohner_innen der Gegend um das Städtchen Alcaniz schlossen sich nach dem 19. Juli zu einer Kollektive zusammen. „Nun sollte endlich der „Comunismo Libertario", der freiheitliche Kommunismus eingeführt werden.“ (3, S. 134) „Lebensmittel und Kleidung erhielt jeder gratis. Außerdem gab es pro Mann fünf Peseten wöchentlich für Kino- und Kaffeehausbesuch, Rauchwaren und andere ‘kleine Laster’.“ (3, S. 135)
Alcorisa, Aragon, Provinz Teruel
„Von den 4.000 Einwohnern des Ortes Alcoriza, traten 3.700 freiwillig der anarchosyndikalistischen Kollektive bei. Die Seele des Kollektivismus am Orte war der junge Rechtsanwalt Jaime Danden. Er kam vom Liberalismus zum Anarchismus. Seinen Familienbesitz stellte er der Kollektive zur Verfügung. Unter seiner Initiative wurde die Wirtschaft des Ortes kollektiviert. ‘Advokaten braucht man in der neuen Ordnung nicht mehr’, sagte Jaime Danden und widmete sich daher dem Lehrerberuf. Die neue Gemeinde wurde auf freiheitlich kommunistischer Basis aufgebaut. Wein und Gemüse wurden gratis verteilt. Jeder erhielt davon, wie viel er wollte. Da Fleisch knapp war, gab es 150 Gramm täglich pro Person. Als man den Kommunismus einführte, verteilte man an jeden Kollektivisten ein Schwein und zwei Hühner. Damit hatten sie etwas für den eigenen Haushalt. Die Kaninchenzucht war frei.“ (3, S. 139) „Nur Fleisch und Wein in dieser Anfangsperiode waren rationiert, aber zwei Monate später musste alles andere auch rationiert werden.
Ohne irgendwelche Formalitäten konnte man außerdem kostenlos ins Kino, ins Cafe – wo fast nur Limonade getrunken wurde – oder zum Friseur gehen“ (2, S. 125/26)
Denn: Die Versorgungsprobleme wurden größer, da „ein beträchtlicher Teil der Nahrungsmittel an die Front“ (2, S. 126) geschickt wurde und „500 Männer an die Front gegangen sind“ (2, S. 127) „Drei Monate lang versuchte man es dann mit einer lokalen Währung, die ausschließlich für den Kauf von Kleidern, Schuhen, Küchen- und Hausgeräten, Kaffee und Tabak bestimmt war. Ein Mann verfügte über eine Peseta pro Tag, eine Frau über 70 Centimos und ein Kind über 14 Jahre über 40 Centimes … – vermutlich ,‘para vicios’ (‘für die kleinen Laster’) wie man in Nordaragonien sagt.“ (2, S. 126) „Mit dieser Lösung waren aber weder die Libertären noch die … libertär gesinnten Republikaner in Alcorisa zufrieden, die alle der CNT beitraten, nachdem sie die Sektion ihrer Partei aufgelöst hatten. Sie erschien ihnen zu starr und damit zwangsläufig schikanös, indem sie die Leute dazu zwang, entweder das zu verbrauchen, was ihnen aufgezwungen wurde oder darauf zu verzichten. Andererseits wollten die Initiatoren der Kollektivität um jeden Preis die Rückkehr … zum verfluchten Geld vermeiden. Viele unter ihnen zerbrachen sich den Kopf, Jaime Segovia verbrachte ganze Nächte damit, eine neuartige Lösung zu finden, und man erfand folgendes Punkte-System: Die 500 Gramm Brot sind 4 1/2 Punkte wert, die 100 Gramm Fleisch 5 Punkte usw., insgesamt also 66,5 Punkte pro Woche. Der Rest – Seife, Reis, Bohnen, Teigwaren, Lauge, Wein usw. – wird gleichfalls mit Punkten bewertet. Auf dieser Basis wurde errechnet, daß ein Mann 450 Punkte, eine alleinstehende Frau 375, eine verheiratete Frau 362, ein Kind von Geburt an 167 Punkte pro Woche haben darf. Auf der Versorgungskarte sind also die gesamten Punkte jedes Kollektivisten und der Punktwert jeden Artikels vermerkt.
Innerhalb dieser Grenzen darf jede Familie und jeder Einzelne die ihm zustehenden Punkte nach Belieben ausgeben.“ (2, S. 126)
Andorra, Pyrenäen
„Wohnung, Elektrizität, Haarpflege beim Friseur, ärztliche Hilfe und Arzneien, für die im Juni 1937 schon 16.000 Peseten ausgegeben worden waren, sind kostenlos sowie das Brot, dessen Konsum nicht begrenzt ist. 18 Liter Olivenöl pro Person und pro Jahr werden verteilt. Das für den Konsum der Milizsoldaten und der städtischen Bevölkerung bestimmte Fleisch wird trotz des zahlreichen Viehbestandes auf 100 Gramm pro Tag rationiert, denn die Spanier des Landesinnern sind von Natur aus realistisch und genügsam.“ (2, S. 120)
Binéfar, Aragon, Provinz Huesca
„Über die Regelung des Konsums hat man sich keine Kopfzerbrechen gemacht. Mehl, Kartoffeln, Erbsen, Fleisch, Olivenöl, Gemüse und Wein wird gratis an alle ausgeteilt. Davon erhält jeder was er benötigt, ohne Einschränkungen. Denn das sind Produkte, die am Orte selbst geerntet und hergestellt werden. Was man von außerhalb bezieht, wird von der Kollektive zum Kauf feil geboten. Die Kollektive hat Ortsgeld im Werte von 45 000 Peseten in Form von Gutscheinen ausgegeben. Es gibt täglich 2,50 pro Mann, 1,50 pro Frau und 1 Peseta für jedes Kind.“ (3, S. 149)
„Es fehlte in Binefar oft an Fleisch und sogar Kartoffeln, denn es war Krieg. Im ganzen Bezirk herrschte jedoch unbegrenzte Freigebigkeit.“ (2, S.113) „Die Kreisföderation sendet täglich zwei Lastkraftwagen mit Lebensmitteln an die Front für die Milizionäre. Nach Madrid hat die Kreis-föderation 32 Waggon Lebensmittel vollständig gratis gesandt.“ (3, S. 149)
Calanda, Aragon
„In Calanda war die freiheitliche Jugend die Seele der Revolution. Die örtliche Revolution hat das gesamte Leben der Einwohner von Grund aus verändert.“ (3, S. 137) „Von den 4.500 Einwohnern des Ortes gehörten 3.500 der anarchosyndikalistischen Organisation an. Sie haben gleich nach … den auf den 19. Juli … folgenden Tage[n] … die alte Gesellschaftsordnung beseitigt und durch den Kollektivismus ersetzt. Das Geld wurde natürlich auch abgeschafft und alles nach sozialistischen Grundsätzen geordnet.“ (3, S. 138) „Die Kollektive hat eine Rasierstube mit Haarschneidesalon eröffnet. Da kann jeder Kollektivist sich zweimal wöchentlich gratis rasieren lassen. Pro Person werden wöchentlich fünf Liter Wein verteilt. Täglich werden vierzig Personen mit Kleidungsstücken verschiedener Art versehen. Jeder erhält, was er braucht. Arzt und Medizin sind gratis. Auch Briefporto wird von der Kollektive bezahlt.“ (3, S. 138) „Der syndikalistische Gemeinderat beschloss, dass nunmehr keine Mieten mehr bezahlt werden brauchen. Die Häuser werden von der Gemeinde verwaltet und Reparaturen auf Kosten der Gemeinde, d.h. der Kollektive, vorgenommen. Wasser und elektrisches Licht sind für die gesamte Bevölkerung gratis, auch für die ‘Individualisten’.“ (3, S. 139)
Esplus, Aragon, Bezirk Binéfar
„Ärztliche Hilfe, Heilmittel, Wohnung, Licht und Haarpflege (beim Friseur) sind kostenlos. Wie fast überall verfügt jede Familie über ein Stückchen Boden, wo sie Gemüse oder Blumen anbaut, einige Kaninchen und Hühner nach Belieben züchtet. Frisches Gemüse wird auch kostenlos geliefert – zu kaufen sind aber Brot, Fleisch, Zucker und Seife.“ (2, S. 138)
Graus, Aragon, Provinz Huesca
In Graus wurde das Geld nicht abgeschafft, aber es „wird keine Miete mehr bezahlt, da sie als öffentlicher Dienst betrachtet wird“ (2, S.97) und „ärztliche bzw. pharmazeutische Behandlung sind kostenlos“ (2, S.97/98)
Hospitalet del Llobregat, Katalonien
„Das Geld war aber in Katalonien beibehalten worden“ (2, S. 287), aber in einzelnen Bereichen gab es auch hier kostenlose Angebote: „Donnerstags wurden in allen Kinosälen kostenlose Filmvor-führungen zur Bildung und Unterhaltung der Kinder angeboten.“ (2, S. 288)
Mas De Las Matas, Aragon, im nördlichen Teil der Provinz Teruel
„Mitte September brachten unsere Genossen die Idee einer Landkollektivität auf. … Man ließ also eine Liste herumgehen. Innerhalb von 14 Tagen hatten sich 200 Familien darin eingetragen. Zur Zeit meines Besuches waren es schon 550 der insgesamt 600 Familien, aus denen die Dorfbevölkerung bestand. … Mas de las Matas ist mit 2300 Einwohnern die Hauptstadt des gleichnamigen Bezirkes, der aus 19 Dörfern besteht.“ (2, S.130)
„In allen Bezirkskollektiven werden weder die offizielle (Peseta) noch die lokale Währung gebraucht.“ (2, S.131). Die meisten Lebensmittel waren rationiert. „Ärztliche Hilfe und Heilmittel sind kostenlos.“ (2, S.134), wie auch öffentliche Filmvorführungen.
„Trotz allem erinnert mich Mas de las Matas immer wieder unwillkürlich an dieses glückliche Ikaria, von der die Utopisten so oft gesprochen haben.“ (2, S.130) Leval beschreibt ausführlich die gelebte Solidarität, zwischen den Dörfern und darüber hinaus (2, S.135).
Muniesa, Aragon
Die Idee des „freiheitlichen Kommunismus … fiel auf fruchtbaren Boden“, als „der Häuslersohn Joaquin Valiente“ sie vorstellte. Er hatte siebzehn Jahre seines Lebens in Barcelona verbracht.“ Er „wurde zum Dorfschulzen, zum Alcalde, gewählt. Er amtierte im Gemeinderatszimmer. Auf dem Tisch lag eine spanische Ausgabe von Kropotkins Buch ‘Wohlstand für Alle’. Des Abends versammelten sich die Kollektivisten und einer las aus dem Buche vor.“ (3, S. 145) „Brot, Fleisch, Öl, Wein und einige andere Lebensmittel wurden gratis an alle verteilt. Jeder erhielt soviel er brauchte.“ (3, S. 146) Das was im Ort nicht produziert wurde musste gekauft werden.
Naval. im Norden der Provinz von Huesca, Aragon
In Naval … gibt es weder Währung – auch keine lokale – noch Rationierung: vom ersten Tag an freier, aber kontrollierter Konsum. Jeder kann sich beim „antifaschistischen Komitee" melden, das erforderlichenfalls durch die libertäre Ortsgruppe beraten wird. Eine Genossenschaft für die allgemeine Verteilung ist spontan organisiert worden, die ein von 1 bis 100 numeriertes Quittungsheft.“ (2, S. 183) Darin wurde alles genau verzeichnet. „Naval zählte damals 800 Einwohner und 176 Familien.“ (2, S. 184)
Oliete, Aragon, am Rio Martin, in der Provinz Teruel
In Oliete „gab es niemals ‘wenige Reiche und viele Arme’.“ (3, S. 142) „Zu enteignen gab es nichts.“ (3, S. 143) „Jeder erbot sich, sein eigenes Land, seine Ackergeräte, sein Vieh oder auch seine Werkstatteinrichtung – wenn er selbständiger Handwerker war – der Kollektive zu überlassen. Das alles würde dann gemeinsames Eigentum sein.“ (3, S. 143)
„’Ich glaube, wir haben das Richtige getroffen’, sagte mir der Vater eines der tätigsten Kollektivisten. ‘Was in der kurzen Zeit durch die Gemeinschaftsarbeit alles geschaffen wurde, hätten wir nach der alten Weise nie zustande gebracht. Zu essen haben wir genügend. Die Kollektive verteilt alles gleichmäßig und gerecht an Alle’.“ (3, S. 143)
Den Individualisten wurde das Recht zugesprochen, „ihre Kühe, Schafe, Ziegen etc. auf der Gemeindewiese grasen zu lassen … und den tierärztliche[n] Sanitätsdienst der Kollektive … zu beanspruchen.“ (3, S. 143)
IV d – Der Agrar-Kollektivismus, Umsonstökonomie, Mißbrauch und Kontrolle
Alcorisa, Aragon, Provinz Teruel
„’Sagt mal, Genossen! Wenn da jeder einfach hingeht und sich holt, was er braucht, ohne etwas dafür bezahlen zu müssen, kommt es da nicht zu Übertreibungen? Gibt es nicht welche, die diese Situation ausnützen?’
‘Hier kennt einer den anderen. Wir wissen sehr gut, wer etwas nötig hat und wer nichts braucht. Bis jetzt haben wir noch keinen Fall von habsüchtigem Egoismus gehabt. Wer darauf ausginge, die Kollektive zu betrügen, wäre in der Gemeinschaft unmöglich. Man würde mit dem Finger auf ihn zeigen. Für jeden erscheint es eine Ehrensache, in uneigennütziger Weise am gemeinsamen Werke mitzuarbeiten. Jeder bekommt, was er braucht, solange etwas da ist. Vertrauen wird gegen Vertrauen gesetzt. Außerdem wird niemand gezwungen, der Kollektive beizutreten. Unser Kommunismus beruht auf dem Prinzip der Freiheit. Wir zwingen keinem das neue System auf. Jeder kann unsere Handlungen in aller Öffentlichkeit kritisieren.’ " (3, S. 140)
Gewerkschaftliche Kontrollmechanismen
„Um den freien Konsum besser zu sichern oder etwa auch die Verschwendung oder eine sehr wohl mögliche Hamsterei zu verhindern, kontrollierte das Komitee die Verteilungsorganisation.“ (2, S. 71) „In den ersten Monaten der Revolution gab es in Castellon de la Plana einige Arbeiter, die wohl meinten, daß das Verschwinden der Arbeitgeber eine bis dahin ungewohnte Nachlässigkeit rechtfertigte, und die sich also äußerst unzuverlässig bei der Arbeit zeigten (dasselbe geschah auch in der Bauindustrie in Alicante). Auf der Versammlung vom 30. Dezember wurde also eine Resolution verabschiedet.“ (2, S.297)
IV e – Der Agrar-Kollektivismus, Solidarität mit den Armen
„Wie überall hat die Solidarität auch in kargen, armen Fraga, Aragon, am Rio Cinco in den Pyrenäen, wo der Familienlohn eingeführt worden war außerordentlich zugenommen. 90 Familien, deren Mitglieder aus verschiedenen Gründen – Krankheit, Tod des Haupter-nährers usw.- in einer individualistischen Gesellschaft zur Armut verurteilt waren, bekommen den für alle festgesetzten ‘Kredit’. Auf die gleiche Weise werden die Familien der Milizsoldaten unterstützt.
Diese Praxis der gegenseitigen Hilfe wird durch eine weitere Errungenschaft ergänzt. Es gab in Fraga Greise – Männer und Frauen -, die aus kleineren und ärmeren Dörfern gekommen und von allen verlassen, traurige Elendsfiguren einer Gesellschaft waren, deren natürliche Bestandteile Elend und Unglück sind. Für diese Unglücklichen ist das „Casa de los Ancianos" (Haus der Alten) organisiert worden, in dem am Tage meines Besuches 32 alte Leute lebten. Die Einzelzimmer bzw. kleineren Schlafsäle, das Eßzimmer und der Versammlungsraum mit dem Feuer im breiten Kamin, alles deutete auf Sauberkeit, Wärme und herzlichen Empfang hin.“ (2, S. 101)
IV f – Der Agrar-Kollektivismus, Entwicklung und Fortschrittsglaube
Es ist erstaunlich, wie viele Infrastruktur-Projekte angesichts von Bürgerkrieg und der kurzen Zeit, realisiert werden konnten um die Lebenssituation auf dem Lande zu verbessern. Auf Bakunins Schriften gehen die ersten Aufrufe ab 1869 zu einer freien Bildung für alle Kinder beider Geschlechter (2, S.19) zurück. So werden in der Revolution nach dem Modell Ferrers in zahlreichen Orten freie Schulen gegründet, so in Alcaniz (3, S. 135), in den ehemaligen Klöstern von Alcorisa (2, S. 127) und Calanda (3, S. 139). Andernorts, so in Mas De Las Matas (2, S. 134) und Andorra (2, S. 121) wurden Schulen erweitert. In Mas De Las Matas wurde eine Schule für ältere Kinder, die bislang keine Schule besucht hatten, eröffnet. (2, S. 134) „60 kleine, 12- bis 14jährige Hirten“ die „unter den Schafen, Ziegen, Wölfen und Hunden geboren und aufgewachsen sind, wohnen jetzt in Andorra und gehen in die Schule, wo sie von ganzem Herzen lernen.“ (2, S. 121)
Viele von den Verbesserungen betreffen die Landwirtschaft. Die Kollektive Alcaniz hat ein Bewäs-serungsprojekt entwickelt und mit Hilfe von Technikern aus Barcelona und der Arbeit von in der Nähe internierten Faschisten errichtet (3, S. 137). Andorra hat nach den kollektiven Arbeiten ein Bewässerungssystem, und damit „genügend Wasser, um mehrere hundert Hektar Land zu bewässern …, so daß die Trockenheitsperioden gut überstanden werden können.“ (2, S. 120)
In Alcorisa wurde „die Anschaffung vortrefflicher Pflüge“ (2, S. 127) beschlossen, deren Einsatz es ermöglichte, dass „die Anbaufläche um 50 % vergrößert“ (2, S. 127) wurde, indem Brachland gepflügt wurde. Auch wurde vermehrt Kunstdünger eingesetzt. Gegründet wurde auch „ein Gestüt, in dem Zuchtpferde- und Esel für eine schnelle Verbesserung dieser Zugtiere in Alcorisa und Umgebung bestimmt sind. Schließlich sind sehr schöne, saubere und gut gepflegte Kühe in einem einzigen Stall untergebracht worden.“ (2, S. 127) In Esplus wurden auf vielen Ha des bewässerten Landes neu Gemüsegärten angelegt. (2, S. 139)
Vielfach wurden Gesundheitsstationen oder gar Krankenhäuser errichtet, so in Binéfar (3, S. 150). „Bisher war die Geburtshilfe in Binéfar von Hebammen geleistet worden, die meistens nicht dazu ausgebildet waren und zudem über keinerlei technische Mittel für schwierigere Fälle verfügten, während Hygiene bei den Bauern ganz fehlte. Der katalanische Chirurg begann mit einer Kampagne, bei der er seine Kollegen aus den anderen Dörfern aufforderte, die niederkommenden Frauen ins Krankenhaus zu schicken, wo sie besser gepflegt werden können.“ (2, S. 113)
Büchereien, in dem kleinen Ort Mas de las Matas gleich 3, eine öffentliche, eine der CNT und eine libertären Jugend, wurden zahlreich eröffnet (2, S. 134)
Vielfach wurden auch Kinos eingerichtet, so in der Kirche von Alcorisa (3, S. 141), Mas De Las Matas (2, S. 134).
„Mit Hilfe kleiner Wasserfälle wird in Alcorisa bereits elektrisches Licht erzeugt.“ (2, S.127) In der Sakristei der Kirche von Alcaniz wurde eine Keksfabrik eingerichtet (3, S. 135).
In Alcorisa wurde „eine Wurstfabrik errichtet, in der täglich 500 Kg Wurstwaren hergestellt wurden“, außerdem „eine kleine Schuhfabrik und eine .. Schneiderei“ (3, S. 140), später auch „eine Tischlerwerkstatt, eine kollektive Schmiede. … Lauge, Limonade und Sodawasser werden in ein und demselben Haus hergestellt. … Ein Hotel ist eröffnet worden. (2, S. 127)
V – Die wenigen Beispiele geldfreier Ökonomie jenseits des Agrar-Kollektivismus
„Die erste und wichtigste Aufgabe bestand jetzt in der Versorgung der Millionenstadt mit Lebensmitteln. Diese Aufgabe übernahm die Gewerkschaft der Nahrungsmittelindustrie. Vierzehn Tage lebte man in Barcelona ohne Geld. Die Bevölkerung wurde in öffentlichen Speisehallen von den Gewerkschaften gratis ausgespeist. Die Gewerkschaft der Lebensmittelindustrie kaufte die erforderlichen Lebensmittel ein und bezahlte mit Gutscheinen, die später vom antifaschistischen Milizkomitee eingelöst wurden. Laut Beschluß des Milizkomitees wurden die Streiktage als Arbeitstage bezahlt.“ (3, S. 98)
Leval stellt fest: „Sicher sind wir noch nicht bei der vollständigen und vollständig humanisierten Sozialisierung der Landkollektivitäten unter Anwendung des Grundsatzes ‘jedem nach seinen Bedürfnissen’ angelangt, und es muß unermüdlich wiederholt werden, daß das republikanische Regime mit seinen staatlichen Einrichtungen in den Städten weder abgeschafft, worden war noch werden konnte.“ (2, S. 242)
Beispiele von Umsonstökonomie sind, dass „der ganze Bahntransport in dem Teil Aragoniens, der in unseren Händen war, d.h. also in Richtung der ost-westlichen Front, kostenlos“ (2, S.250) war. „In allen größeren katalanischen Orten, die mit den kleineren Ortschaften der Umgebung ver-bunden waren, wurden Polikliniken eingerichtet.“ (2, S.264) „In den neuen Kliniken wurde kostenlos operiert, und die Behandlung in den psychiatrischen Anstalten war ebenfalls kostenlos.“ (2, S. 265) Häufig wurden Material und Dienstleistungen für den Krieg gegen Franco kostenlos geliefert.
Quellen
(1)Peter Kropotkin: Die Eroberung des Brotes (Auszüge: >> umsonstladen.de.vu unter: Texte zu unseren Veranstaltungen: Kropotkin…)
(2)Gaston Leval: Das libertäre Spanien, Verlag Association, Hamburg 1976
(3)Augustin Souchy: Anarcho-Syndikalisten über Bürgerkrieg und Revolution in Spanien, März Verlag 1969 (Neuauflage von Nacht über Spanien, Text und Seitenaufteilung identisch mit der 5. Auflage von Nacht …, 1979 Verlag Freie Gesellschaft), ergänzt durch ein Nachwort von Souchy
(4)Hanns-Erich Kaminski: Barcelona – ein Tag und seine Folgen, zitiert nach: Arthur Lehning: Spanisches Tagebuch & Anmerkungen zur Revolution in Spanien, edition tranvía, Berlin 2007
(5)Walther L. Bernecker: Kollektivismus und Freiheit, dtv dokumente, München 1980
(6)Antonjo Tellez: Sabaté – Stadtduerilla in Spanien nach dem Bürgerkrieg 1945 – 1960, Trikont-Verlag, München 1974