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life - mono-x

Leben minus Mono-X

“Permakultur” ?

Ein Begriff über den ich seit Jahren immer wieder stolpere, ist das Wort “Permakultur”.

Ich interessierte mich nicht sonderlich dafür, bis ich hörte, dass es einen an der tsolife interessierten Programmierer gibt, der nach Permakultur-Prinzipien programmiert!
Vorher hatte ich den Begriff immer nur in Verbindung mit Landwirtschaft gehört
und plötzlich wurde ich sehr neugierig, was denn das für eine Art von Landwirtschaft sei,
die sich in Programmiersprache übersetzen lässt.

Unterwegs ist mir der Begriff in verschiedenen Projekten immer wieder begegnet, der Gebrauch des Wortes scheint in ökologischen Projekten gerade irgendwie trendy zu sein und ist daher geradezu inflationär. Ich habe dann unterwegs 2 Workshops (eine Einführung und einen 2Tage-Workshop) zu Permakultur mitgemacht, mehrere Bücher darüber gelesen und mich mit verschiedenen Leuten darüber ausgetauscht.

Früher erschien es mir immer als äußerst mühselig und langweilig einen Garten zu haben, umzugraben, “Unkraut” zu jäten oder zu düngen. Meine Beschäftigung mit den Ideen der Permakultur hat meine Sicht auf Gärten und auf viele andere Bereiche des Lebens verändert und mit diesem Artikel möchte ich Menschen inspirieren und motivieren sich mit dieser interessanten Denkweise einmal (genauer) auseinanderzusetzen.

Ich sage bewusst “Denkweise” und nicht “biologische Form der Landwirtschaft”, denn für mich geht es, wie bereits erwähnt, bei der Permakultur nicht in erster Linie um Landwirtschaft, um Gemüsegärten, Selbstversorgung oder ähnliche Themen.
Es geht mir vielmehr um eine Philosophie. Um eine Art sein Leben zu denken, zu planen und zu handeln. Es geht darum, Perspektiven zu verändern und sich selbst als jemanden zu erkennen, der/die etwas verändern kann, etwas bewegen kann. Wir sind nicht machtlos, sind keine Rädchen im Getriebe, wir können mit einfachsten Techniken viel bewirken, wenn wir queerdenken.

Das natürlich haben wir in der Schule/Uni/Ausbildung/Arbeit nicht gelernt, und unsere Gesellschaft scheint daher auch ein bisschen in einer Sackgasse zu stecken. Doch das einzige, das uns daran hindern kann, großartige Dinge zu schaffen ist unsere Kreativität!

Der Begriff “Permakultur” ist die Abkürzung für “permanent agriculture” und wurde in den 70er Jahren vor allem von Bill Mollison, einem Professor aus Australien geprägt, der für seine Theorien auch den “alternativen Nobelpreis” erhalten hat. Die weitreichende Bedeutung des Begriffes in wenige Worte zu fassen ist schwer: Mollison selbst definiert Permakultur als “a design system for sustainable human settlements” (“ein Design-System für nachhaltige menschliche Siedlungen”).

Sepp Holzer, österreichischer Permakultur-“Guru”, der einen (kommerziellen) Bio-Landwirtschaftsbetrieb auf 1100-1500m Höhe in den Alpen bewirtschaftet, nannte die Form der Landwirtschaft, die er in den 60er Jahren selbst “erfunden” hat schlicht eine “Wildnis-Kultur”, bevor er herausfand, dass man das, was er da tut heute Permakultur nennt.

Und das sagt auch schon sehr viel über Permakultur aus, nämlich dass sie nix “Neues” ist, sondern vielmehr etwas sehr “Universelles”, was viele von euch, wenn ihr einen Garten habt, wahrscheinlich unbewusst eh schon betreiben:

Permakultur ist eine Mischung aus traditionellem, altem Wissen und neueren Erkenntnissen/neuerer Technik. Sie ist eine an der Natur und an natürlichen Kreisläufen orientierte Form der Bewirtschaftung, die äußerst energieeffizient ist und auf kleinster Fläche funktioniert. Sie arbeitet einfach mit der Natur, statt gegen sie, und spart so viel Energie.

Sie ist eine (experimentelle) Wissenschaft, die die Beziehungen zwischen verschiedenen Elementen (Pflanzen, Tieren, Menschen, Technik, etc) erforscht und vor allem die Symbiosen die sie miteinander eingehen – anstatt alles voneinander zu isolieren und getrennt zu untersuchen, wie die heutigen Naturwissenschaften es größtenteils tun.

Sie ist ethisch, aber auch undogmatisch und vor allem lösungs- und praxisorientiert. D.h. sie sagt nicht “man darf nicht!”, sondern fragt “was sind die Konsequenzen?”.

“Naturnah” – zurück auf’n Baum, oder was??

Entgegen der Vorurteile, die ihr gegenüber existieren ist sie nicht per se primitivistisch, sondern bindet Technik in ihre Überlegungen mit ein. Viele PermakulturistInnen sind aber Technik gegenüber in der Regel durchaus skeptisch eingestellt und wollen vor allem das Bewusstsein für die eigentlichen menschlichen Bedürfnisse in einer von Süchten geprägten Konsumwahnwelt schärfen.

In der Permakultur geht es aber vor allem darum zu lernen, wie wir für unsere Anbauweisen (oder aber mit etwas Kreativität auch für jedes andere Projekt, das wir angehen wollen) durch Beobachtung, durch langfristige Planung und durch gezielte Anordnung von Elementen zueinander (“Design”) eine Art “kreislaufförmigen Auftrieb” von Energie schaffen können.

Unsere Grundfrage ist: wie müssen wir Elemente (Pflanzen, Tiere, Technik, Menschen, Gruppen, etc), zueinander in Beziehung setzen/anordnen, damit sie möglichst effizient zusammenarbeiten (können)? Dabei machen wir die kleinstmöglichste Veränderung für den größtmöglichsten Nutzen – und denken lieber etwas länger nach.

Mehrere Permakulturisten, die ich getroffen habe, haben mir auch gesagt, dass es nicht nur um Agri-Kultur ginge, sondern um ""permanente" Kultur allgemein – und das stimmt meiner Ansicht nach auch. Das Konzept ist im Prinzip auf alles übertragbar und das Feld für Experimente riesig.

Erstaunlicherweise habe ich beobachtet, dass es gerade auch in “Hacker-Kreisen” ein breites Interesse für Permakultur zu geben scheint, und dass Permakultur mit Gedanken aus der computer- und technikfreundlichen open source Welt perfekt Hand in Hand geht.

Das liegt wohl am gemeinsamen Interesse an Beziehungen, Netzwerken, Verknüpfungen
und sicher auch an der Ethik des Teilens und Schenkens, die beiden Philosophien innewohnt.
Es liegt sicher auch an der Sicht auf die Welt, die Permakulturisten und Programmierer gemeinsam haben: nämlich die, nicht alles einfach alles als gegeben hinzunehmen, sondern stattdessen den einer Sache innewohnenden “Code” verstehen zu wollen, um darauf aufbauend etwas Neues schaffen zu können.

Und wie geht das nun?

Bevor ich mich nun aber im philosophieren verliere:
Was tun wir denn nun so konkret als PermakulturistInnen?

Erstmal nichts.
Wir beobachten erstmal ne Weile lang nur (in der Regel sagt man: im ersten Jahr nur beobachten!). Wir denken lange und viel nach, wie die Natur funktioniert. Wir beoabchten Wind, Sonne, Sterne, Wasserkreisläufe … Wir ergründen “den Code”.

Dann überlegen wir nochmal genausolang herum, wie die Elemente dessen was wir tun wollen zueinander stehen müssen, um sich möglichst gut gegenseitig zu befruchten, zu unterstützen und zu fördern und entwickeln schließlich ein Grunddesign.

Und am Ende setzen wir das Design um, experimentieren ein bisschen mit Detailfragen herum, reagieren auf Veränderungen, passen uns an.
Und wenn alles gut läuft, haben wir irgendwann kaum mehr Arbeit, sondern wir können uns zurücklegen und beobachten wie unsere Idee aus sich heraus wächst und spriesst und blüht,
und dann durch unsern Garten lustwandeln und beaufsichtigen, ob alles läuft, wie es soll – fast wie im Paradies.

MONO-X minus Leben !

Klingt unglaublich? Na klar, wir sind ja auch keine ausgebildeten Querdenker, sondern mit einer ganz anderen und viel kurzfristigeren Philosophie aufgewachsen: in der Monokulturgesellschaft.

Beispiel monokulturelle Landwirtschaft:

Wir zerstören den Boden und die darin sich befindenden Lebewesen, indem wir ihn umgraben, hacken, pflügen, usw – eine Methode dem Boden Luft zuzuführen, die viel Energie kostet.
Dann pflanzen wir eine Sorte Pflanzen. Das Netzwerk aus verschiedenen Lebwesen, die diese Pflanzen nähren und schützen haben wir zerstört, weshalb diese Pflanzen schädlingsanfälliger werden. Wir besprühen die Pflanzen also mit Pestiziden, das wiederum kostet Energie.

Unter Energie verstehe ich übrigens hier zB die Produktion von Chemikalien, Maschinen, usw, und natürlich auch menschliche Arbeit(szeit).

Der Boden ist nun also zerstört, kann nicht mehr die Nährstoffe, die unsere Pflänzchen brauchen bereitstellen. Daher müssen wir düngen – auch das wiederum kostet Energie.
Eine ewige Kette von Energieverschwendungen! Ein Teufelskreis, eine Spirale nach unten.

Permakulturist Sepp Holzer lacht sich schlapp darüber, wie viel ihrer Energie und Arbeit die Leute verschwenden, wo sie es doch so viel einfacher haben könnten, würden sie die Spirale nach unten in eine nach oben umdrehen:

Er lässt den Boden sein, wie er eben in der Natur ist. Ein Waldboden zB ist immer bedeckt, nackte Erde gibt es nicht. Blätter und Pflanzen schützen die Humusschicht.

Umgraben? Das machen höchstens mal seine “Mitarbeiter”, seine Schweine, denen er ab und zu ein paar Leckerlis auf eine Koppel wirft, damit sie anfangen dort zu wühlen. Stattdessen mulcht er den Boden, zB mit Heu und achtet darauf, dass der Boden immer bedeckt ist. Das schützt ihn vor der Sonne und vor dem Austrocknen und hilft den Bodenlebewesen (die er auch als Mitarbeiter betrachtet) ihre Arbeit gut zu erfüllen. Wenn das gut funktioniert, ist er auch ausreichend belüftet ohne ihn umzugraben, in der Natur gräbt ja auch keiner und trotzdem wächst alles.

Er lässt die Pflanzen in einem Kreislaufsystem wachsen, in dem sie alle Nährstoffe die sie brauchen von anderen Pflanzen bekommen und in dem sie sich gegenseitig vor Schädlingen schützen. Er forscht welche Pflanzen sich gegenseitig begünstigen.
Dünger? Pestizide? Braucht er nicht. Und auch viel weniger Maschinen.

Er schafft durch Anlehnung an die Funktionsweisen der Natur eine “durch größte Vielfalt, gegenseitige Förderung der Arten, biologische Selbsregulation und Kreisläufe, nachhaltige Landwirtschaftsform mit erstaunlich hoher Flächenproduktivität” (Dr Bernd Lötsch, Biologe)

In seinen Büchern erzählt der Sepp halb belustigt, halb verärgert von staatlichen Behörden, die (wohl von Chemiekonzernen in ihrer Meinung bestärkt) Förderungen für umweltschädigende Vorhaben vergeben und von Bildungsinstitutionen, die Wissen vermitteln, das in allererster Linie den Dünger- und Pestizidproduzenten dient, kaum aber den Landwirten, den Verbrauchern und schon gar nicht den Pflanzen und Tieren.

Auch Schulen und andere Institutionen sind ja von Mono-Denken durchzogen: Kinder zu Kindern, Alte zu Alten (Altenheim), “Kriminelle” zu “Kriminellen” (Knast) und “Kranke” zu “Kranken” (Krankenhäuser und Psychatrien). Alle, die die Arbeiter, die unter Arbeitern sind, vom arbeiten abhalten, sollen sich doch bitte wo anders aufhalten.

Wen wundert da also, dass in Institutionen gemeinschafts- und lebensfeindliche Meinungen vorherrschen und dass Menschen positive Kreisläufe durch Vielfalt für unmöglich halten? Wo lernt man sowas schon?

Wo und wie kann ich was über Permakultur lernen?

Kein Platz also für permakulturelles Denken in der Schule. Wo dann?
Nun… wie Sepp Holzer Permakultur gelernt hat? In der Natur, durch beobachten.

Lernen ist in der Permakultur ein Begriff, den jede(/r) recht frei für sich selbst definieren kann. Es gibt keine wirklich klare Theorie “das ist Permakultur und so wird sie angewandt” – es gibt eine Ethik, es gibt Methoden und Prinzipien, die helfen können, aber nicht müssen.

Es ist zwar möglich, Permakultur zu studieren, Prüfungen abzulegen und geprüfte® “Permakultur-DesignerIn” werden, die meisten PermakulturistInnen jedoch haben ihr Wissen aus Büchern oder aus dem Internet gezogen. Oder sie quatschen einfach nur mit anderen Interessierten und tauschen sich aus, besuchen gemeinsam Projekte, in denen Permakultur betrieben wird – und von denen gibt es weltweit schon ganz schön viele!

Oder sie beobachten einfach nur.
Und zwar lokal, also immer an dem Ort, wo man sich gerade befindet – egal ob im Naturschutzgebiet oder Grossstadtdschungel.
Was hier funktioniert, muss dort nicht funktionieren, daher: ausprobieren!

Beobachten kann man natürlich einen Wald, einen Fluss oder ein Stück unberührter Natur, aber genauso lässt sich ein Garten beobachten, ein Balkon oder sogar ein Baum am Strassenrand in der Stadt. Die wesentlichen Einflüsse – zB Boden, Sonne, Wind, Wasser – sind überall vorhanden und die Prinzipien und Methoden lassen sich, wenn man keine Lust auf Bücher hat, eigentlich auch selbst erarbeiten – und noch viele neue finden.
“Der Code” ist allgegenwärtig, und die Möglichkeiten ihn umzuschreiben sind zahllos…

earthcare, peoplecare, fairshare!

Die Ethik ist kurz, prägnant und schmerzlos in 3 Worte zusammenzufassen: nämlich
“earthcare, peoplecare, fairshare”.
Sorge für die Erde, sorge für den Menschen, teile Überschüsse gerecht auf.

Keine dieser ethischen Aussagen ist wichtiger als die andere.
Kümmert man sich zB nicht um den Menschen, sondern nur um die Erde – ignoriert man also die Wirtschaftlichkeit einer Permakulturanlage – wird’s langfristig nicht funktionieren. Wenn dabei nicht genug “Profit” für Menschen rausspringt, werden wir Permakultur langfristig nicht anwenden oder verhungern.

Daher gibt es zum Beispiel klar wirtschaftlich gedachte “input-output-Analysen”,
und Permakultur ist (wie zB auch Holzer beweist) definitiv nicht nur für Selbstversorgerhippiekommunen, sondern genauso für kommerzielle Betriebe geeignet.

Mit “Überschüsse umverteilen” kann übrigens neben politischen Fragen (wie zB das Nord-Süd-Gefälle auszugleichen durch soziale Projekte und fairen Handel) genauso auch gemeint sein Wildtieren einen Teil des Gartens zu überlassen oder dem hungrigen Boden etwas Mulch zukommen zu lassen, der woanders nicht gebraucht wird. Man gibt einfach ab, was man nicht braucht.

ein paar Prinzipien und Methoden

… das soll eine Inspirationsquelle sein – kein Dogma!! …

Multifunktionalität und relativer Ort:

Das vielleicht wichtigste Prinzip:
Jedes Element in einem Design erfüllt verschiedene Funktionen, auch je nachdem was für Beziehungen es eingeht.

Ein Baum zB spendet Schatten, festigt den Boden, stellt Nahrung bereit, usw… ein Stein im Beet speichert mehr Wärme als Erde, unter ihm ist es feucht, daher halten sich Bodenlebewesen dort gerne auf, usw…
Ein Baum neben einem See hat andere Funktionen als ein Baum neben einem Haus und wir sollten nun auch nicht überall Steinhaufen in unsere Beete schmeissen, das alles muss wohl durchdacht sein.

Je nachdem wie wir Elemente anordnen, können wir viel Energie sparen. Hierbei gilt nicht unbedingt “je multifunktioneller desto besser”, aber wir sollten zumindest alles, was möglich ist mal durchdacht und gegenübergestellt haben:

zB wärmt ein Gewächshaus, das direkt an einer (Wohn)hauswand steht, das Haus auf, und andersherum. Multifunktionell wie diese Beziehung ist, ist sie ausserdem insofern energieeffizient, als dass die Menschen, die in dem Haus wohnen, einen kürzeren Weg zurücklegen müssen, um ins Gewächshaus zu kommen und dementsprechend wahrscheinlich mehr Zeit dort verbringen werden. Diese werden sie ihren Pflanzen widmen, welche sich darüber natürlich sehr freuen und besser gedeihen. Und ein schöner Wintergarten ist das Gewächshaus auch gleich noch.

Für dieses Prinzip der Multifunktionalität und des relativen Ortes gibt es ganz viele verschiedene Methoden, die die Umsetzung erleichtern sollen, zB das “zoning” (Zonen einteilen), was jetzt aber den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.

Übrigens, wer sich schon über runde, gewellte, spiralförmige “Hippiebeete” gewundert hat:
meist ist das keine rein ästhetische Entscheidung, sondern es sind praktische Vorteile, wie zB Windschutz, die zu solchen Designs führen.

den Boden so natürlich wie möglich belassen,

d.h. zB ihn nicht umzugraben und ihn stattdessen bedeckt zu halten (Mulch).
Wenn möglich auf mehrjährige Pflanzen zurückzugreifen, die man nicht jedes Jahr neu pflanzen muss, um den Boden zu schonen. Das spart auch ne Menge Arbeit und hilft nebenbei dass ungewollte “Unkräuter” gar nicht erst hochkommen (kein Licht unter dem Mulch).

Oft ist der Boden, wo wir sind auch schon von jahrelanger Zerstörung so kaputt, dass wir ihn erstmal wieder aufforsten müssen. Auch für diese Probleme gibt es in der Permakultur Lösungsansätze, wie zB das Mulchen natürlich, aber auch das Pflanzen bestimmter Pionierpflanzen.

für Artenvielfalt und Symbiosen sorgen,

Wir streben Kreislaufwirtschaft an, also ein Ökosystem, in dem Energie, Nährstoffe, Ressourcen zirkulieren, und aus dem wir nicht unüberlegt welche wegnehmen und keine künstlich hinzufügen müssen. Die Artenvielfalt sorgt auch für Gründüngung und natürliche "Schädlings"bekämpfung.

Ein Beispiel für Gründüngung, und eine sehr praktische Symbiose, ist Mais oder Getreide mit Bohnen auszusähen. Die Bohnen können am Mais/Getreide emporranken und durch Stickstoffablagerungen in den Knöllchen an ihren Wurzeln düngen sie den Mais/das Getreide.
In vielen Kulturen ist das auch eine traditionelle (/vorindustrielle) Anbauweise, zB haben wir in Nordspanien gelernt, dass die lokale Dinkelsorte “escanda” traditionell zusammen mit Bohnen gepflanzt wurde (/wird).

Beispiele für "Schädlings"bekämpfung wäre zB Knoblauch um ein Beet anzupflanzen, der mit seinem Geruch und Geschmack viele “Schädlinge” abschreckt, oder Marienkäfer gegen Blattläuse anzusiedeln. Generell muss hinzugefügt werden, dass Monokulturen viel anfälliger gegen “Schädlinge” sind als Permakulturen, denn ein, sagen wir Kartoffelkäfer, der nur Kartoffeln frisst, findet natürlich in einem reinen Kartoffelfeld ein Paradies vor, kann leicht von einer auf die nächste Pflanze überspringen und vermehrt sich stark, während natürliche Feinde oft fehlen.

Monokulturen sind der eigentliche Grund dafür, dass das Wort “Schädling” überhaupt erst existiert.
Permakulturen sind auf Vielseitigkeit ausgelegt und selbst wenn eine Pflanzenkultur in einem Jahr mal komplett aufgefressen würde, ist das weniger schlimm in einem Permakulturbetrieb, der noch andere Pflanzen anbaut, als in einem Betrieb, der sagen wir nur Kartoffeln und Weizen anbaut.

Mikroklimazonen

Ein wichtiger Schlüsselbegriff für’s “Artenvielfalt schaffen” ist auch die “Mikroklimazone” – in der Natur etwas vollkommen “normales”, aber im Monosumpf leider oft zerstört: Mikroklimazone bedeutet eine kleine Einheit Land, in der ein anderes Klima vorherrscht, als direkt nebenan.

Durch geschicktes Einbringen von Steinen, Wasser oder anderen Elementen oder das Ausnutzen bereits vorhandener Gegebenheiten (zB Steigung) werden auf einer kleinen Fläche Faktoren wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit so verändert, dass auf minimalem Raum eine maximale Vielfalt von Arten die für sich passende Nische finden kann.

So lassen sich zB kleine Feuchtbiotope schaffen oder auch – ethisch etwas umstritten – à la Holzer auf 1100-1500m über dem Meeresspiegel Kiwi und Zitrusfrüchte pflanzen.

“Kanteneffekte”

Etwas unschön aus dem englischen “edge effects” übersetzt ist mit einem “Kanteneffekt” der Effekt gemeint, den es gibt, wenn zwei Klimazonen aufinanderprallen, zB ein Seeufer mit der Kante “Land – Wasser”. Diese “Kanten” sind besonders produktive und kreative Stellen.
In der Permakultur versucht man möglichst viele solcher Kanten in seinem Design zu schaffen, um die Produktivität zu erhöhen.

Dieses Prinzip können wir leicht auch an anderen Beispielen belegen, als nur in der Landwirtschaft: dort wo zB Menschengruppen mit sehr unterschiedlichen sozialen Hintergründen aufeinandertreffen, ist im besten Fall die Reibungsfläche groß, und damit viel Platz für neue Ideen und Innovationen. Ohne diese Kanteneffekte wäre Döner/Falafel als Fastffodvariante im Fladenbrot vielleicht nie erfunden worden.

Multidimensionalität und “small scale”:

durch geschicktes Nutzen aller vier Dimensionen, d.h. auch die Vertikale und die Zeit,
lässt sich die Anbaufläche so vergrößern, dass selbst auf kleinstem Land erstaunlich viel Produktion möglich ist. Anfängern wird “small scale” sogar empfohlen, denn der Makrokosmos liegt im Mikrokosmos, “der Code” steckt überall drin, und die Erfahrungen die wir auf kleiner Fläche machen sind u.U. sogar die, aus denen wir internsiver und mehr lernen.

Wir lassen also Kletterpflanzen an unserm Balkon in die Höhe ranken, pflanzen auf derselben kleinen Fläche im Blumenbeet unterschiedliche Pflanzen unterschiedlicher Höhe (die sich kein Licht wegnehmen), pflanzen Pflanzen, die zu unterschiedlicher Zeit unterschiedlich groß sind,
lassen ranken und hängen und bauen Hügel- und Hochbeete, Hängebeete oder was uns sonst noch so einfällt.

So wie der Baum es macht: sich nach unten und nach oben möglichst weit verzweigen,
und so möglichst viel Oberfläche (“Kanten”) schaffen …

Die Nachbar-Omi mit ihren geraden, "unkraut"gezupften Beeten, mit ihrer schwarzen Blumenerde und dem Rindemulch obendrauf, wird blöd gucken bei soviel “Chaos” ,
aber das ist uns egal, denn wir wissen, dass in der griechischen Mythologie aus dem “Chaos” diese Welt überhaupt erst entstanden ist…
und wenn wir dann die dickeren Tomaten essen wird sie schon sehen ;-)

Anfangen!!!

das absolut und mit Abstand wichtigste Prinzip: anfangen, ganz egal wo. Du machst die Welt!
Also, sei kreativ, mach los und denk immer dran: Das Problem ist die Lösung!