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Philosophiestunde mit Mandus: Gilles Deleuze, „Tausend Plateaus“

Ein Philosophiekurs kann so schön sein!
Ein Berg, ein Fluss, die Sonne scheint in Spanien, und Mandus liest mir einen schrecklichen abstraken und komplizierten Text vor. Den Namen des französischen Philosophen kann ich mir eine ganze Weile nicht merken, aber der Inhalt des Texts wird, je länger man darüber nachdenkt, immer spannender….

Es geht um eine Gegenüberstellung der beiden Richtungen von Wissenschaft, die Deleuze „Königswissenschaft“ und „nomadische Wissenschaft“ nennt. Die Königswissenschaften sind die Wissenschaften der Machthabenden – heute wo es keine Könige mehr gibt, sondern nur noch Papa Staat und die Wirtschaft, sind das wohl die Wissenschaften, die in den Schulen und Universitäten gelehrt werden. Die nomadischen Wissenschaften sind dagegen die Wissenschaften der Reisenden, der Seefahrer zum Beispiel oder der Kathedralenbauer…

Ich verzichte bewusst darauf, diesen Text in seiner komplexen Fülle wiedergeben zu wollen …
Aber hier eine kleine Gegenüberstellung der „Königswissenschaften“ und der nomadischen Wissenschaften, frei interpretiert nach Deleuze und dem, was ich im Internet so über ihn finden konnte …

Der Königswissenschaft enspricht der Begriffs des „Seins“, der nomadischen Wissenschaft der des „Werdens“. Der Mensch IST und betrachtet – aus Sicht der Königswissenschaften. Aus Sicht der nomadischen Wissenschaften, WIRD er in der Betrachtung der Welt.

Die Königswissenschaft stellt etwas dar, stellt sich etwas vor, ist dabei funktionsorientiert. Sie reproduziert. In den nomadischen Wissenschaften wird ein Prozess durchlaufen, mensch erzeugt etwas, schafft Möglichkeiten, produziert – ereignisorientiert.

Die Königswissenschaft will Probleme lösen, die Nomadenwissenschaft aus ihnen lernen.
Während die Königwissenschaft versucht, allgemeingültige Funktionen zu formulieren, schliesst die Königswissenschaft den Wandel, die Instabilität, offene Entwicklungen in Begriffs- und Theoriebildung ein.

Der Königswissenschaft entspricht der „Logos“, die Logik, die Weltvernunft. Der nomadischen Wissenschaft der „Nomos“, die Norm, das von Menschen geschaffene, veränderbare Gesetz.

Der Königswissenschaft entspricht der „gekerbte Raum“, ein Raum, der relativ leicht zu besetzen ist, beispielhaft: sesshafte Landwirte erschliessen Land/Stadt … der Nomadenwissenschaft entspricht der „glatte Raum“, schwer zu besetzender Raum wie das Meer, das von Seefahrern auf der Jagd nach Fischen erschlossen wird. Im „gekerbten Raum“ wird Land besetzt und gezählt, und als Folge dessen, dass man es hat zieht man weiter, um mehr zu besetzen, zB für den Warentransport. Im „glatten Raum“ dagegen, ergibt sich das Weiterzuziehen aus blosser Notwendigkeit, wie dass die Fische weiterziehen.
Der Raum muss dafür nich gezählt, nicht besessen werden.

Die typische Ausbreitungs-/Aneignungsform im „gekerbten Raum“ ist der „Baum“: eine hierarchische Struktur, die sich immer weiter aufzweigt – ein Unternehmen zB bildet Tochtergesellschaften.

Die Ausbreitungs-/Aneignungsform im „glatten Raum“ dagegen entspricht der des „Rhizoms“, des Wurzelstocks bestimmter Pflanzen, der Aufbau: von einem verdicken Punkt/Knolle gehen viele kleine Verlängerungen ab. So wie auch eine Flotte sich von einem Punkt aus aufteilt…

Das Rhizom, der Knotenpunkt, der Nexus, ist heute oft Sinnbild für moderne Organisation in Form von Netzwerken.
Was hätte wohl Deleuse über die tsolife gedacht?